Globe auf dem Hügel

Auch das zweite Ruhrfestspiel-Programm unter Frank Hoffmann zielt ungeniert nur aufs Massen-Publikum

Ein bischen Lear, ein bischen Lancaster, eine Romanze, eine Komödie, zum Heulen Romeo und Julia und natürlich Warten auf Godot. Auch im zweiten Jahr schielt Frank Hoffmann mit den Ruhrfestspielen in Recklinghausen wieder gierig auf den Publikumsgeschmack. Eröffnet wird gleich mit einem richtigen Oscarpreisträger. Hollywood-Star Kevin Spacey kommt als „Richard II.“ in einer Gastspiel-Inszenierung des Londoner Old Vic Theatre.

Der englische Dramatiker William Shakespeare steht im Mittelpunkt des Jubiläumsprogramms der 60. Ruhrfestspiele Recklinghausen. Hoffmann selbst inszeniert „Der Widerspenstigen Zähmung“, koproduziert mit seinem Theater in Luxemburg und Désirée Nosbusch in der Hauptrolle. Solch lukrative Doppelverwertungen hat sich der Intendant bereits auf Jahre hinaus gesichert. Der Aufsichtsrat der Ruhrfestspiele hat seinen Vertrag bereits im letzten Jahr um drei Jahre bis 2009 verlängert. Eigentlich war Hoffmann nur eine Interimslösung für den am Deutschen Gewerkschaftsbund gescheiterten Berliner Theaterguru Frank Castorf. Doch über 50.000 Besucher in der letzten Spielzeit freute nicht nur das arg gebeutelte Euro-Säckel der Gewerkschafter, auch die Stadt Recklinghausen glaubte wohl wieder an eine goldene Zukunft auf dem grünen Hügel.

Den will der Luxemburger Ersatzmann, kein anderer renommierter Regisseur wollte 2004 die Nachfolge von Castorf antreten, in diesem Jahr sogar verlassen. „Wir wollen in diesem Jahr sogar in den Landkreis gehen“, sagte Hoffmann bei der Programmvorstellung in Hamburg. Allerdings nur mit 15 Produktionen des Fringe-Festivals der Freien Theater. Er stellte sein Programm im Jubiläumsjahr an der Elbe vor, weil die Ruhrfestspiele vor sechs Jahrzehnten aus dem Tauschhandel „Kunst für Kohle, Kohle für Kunst“ mit Hamburger Theatermachern entstanden.

Mit Tauschen hat das heute nichts mehr gemein, eher mit Einkaufen von bereits bewährten Kultur-Highlights. Und Hoffmann gräbt in allen Sparten. Sicher sehr zur Freude der umliegenden soziokulturellen Zentren zeigen die Ruhrfestspiele 2006 noch ein Kabarett-Programm, bei dem Claus Peymann, Intendant vom Berliner Ensemble die Headline ist. Dazu gesellen sich im Ruhrgebiet so selten gespielte Namen wie Horst Schroth, Heinrich Pachl, Hagen Rether und Wiglaf Droste.

PETER ORTMANN