VOM SCHWIEGERSOHN DER NATION ZUM NESTBESCHMUTZER
: Coming-out mit Folgen

VON RALF LEONHARD

NEBENSACHEN AUS WIEN

Ein „verschissenes Land“ sei Österreich und ein total verlogenes. So urteilte Haider in der Satiresendung „Willkommen Österreich“. Von Alfons Haider ist die Rede, dem Schauspieler, Kabarettisten und Schwiegersohn der Nation, bis er sich vor zwölf Jahren als schwul outete. Der 52-jährige Schönling war im Januar zu Gast beim Brachialsatiregespann Stermann und Grissemann, das seine Verbalinjurie provozierte, als es ihn auf ebenjenes Outing ansprach. Seine Mutter sei tätlich attackiert worden, berichtete der ergrimmte Showman. Ihn habe man auf übelste Weise beflegelt. „Nestbeschmutzer“ war noch eines der harmlosesten Schimpfwörter, das er sich anhören musste.

Haiders verbaler Ausfall war natürlich tagelang der Aufreger in den Societyspalten. A-, B- und C-Promis mussten Stellung beziehen, wobei die meisten den Freund und Kollegen sanft tadelten. Gerade für jemanden, der auf dem Opernball für den ORF die Prominenz interviewen darf, sei das nicht hinnehmbar. Er selbst habe mehr zustimmende als negative Zuschriften bekommen, zeigte sich Haider befriedigt, nur für die Vokabel „verschissen“ entschuldigte er sich.

Nicht zurücknehmen wollte er die Kritik am Umgang mit Homosexuellen überhaupt. Seit Jahresbeginn gibt es in Österreich die eingetragene Partnerschaft, gegen die sich die ÖVP vehement gewehrt hatte. Allerdings ließen sich die Christlichsozialen dieses Zugeständnis an die Wirklichkeit nicht abringen, ohne ein paar behördliche Bosheiten einzubauen.

So werden homosexuelle Paare zwangsgeoutet. Denn auf dem Meldezettel wurde die eingetragene Partnerschaft als zusätzliche Variante zu „verheiratet“ und „in Lebensgemeinschaft“ eingeführt. Heterosexuellen Paaren steht diese Option nicht offen. Daher weiß etwa der Arbeitgeber sofort, wen er vor sich hat.

Das Gleiche gilt für Doppelnamen. Während Frauen den Nachnamen ihres Ehepartners per Bindestrich an den eigenen heften dürfen, steht es zwar homosexuellen Partnern auch frei, ihre Namen zu verschmelzen, jedoch ohne Bindestrich. Jene, die ihre Lebensumstände nicht an die große Glocke hängen, und das sind angesichts der Vorurteile nicht wenige, müssen also auf dieses Symbol der Zusammengehörigkeit verzichten.

Im ORF verzichtete man auf Sanktionen gegen den Nestbeschmutzer. Er wird auch kommenden Donnerstag auf dem Opernball wieder im Frack und in untadeliger Sprache den Promis Gelegenheit zur Selbstdarstellung geben.