vor ort
: ALEXANDER FLORIÉ über das geplante Kreislaufwirtschaftszentrum in Hünxe

Die Sondersitzung des Voerder Umweltausschusses ist kurzerhand zur Infoveranstaltung für die Bürger über das Projekt Kreislaufwirtschaftszentrum umfunktioniert worden. „Wir wollen nicht krepieren. Das müsst ihr kapieren“, steht auf einem Transparent, die Stimmung im Raum ist ablehnend. „Solche Müllentsorgungsanlagen gibt‘s in der Gegend genug. Warum machen die das nicht in Holland?“ tönt es.

„Wir sind schon heute von BP mit einer Geruchsbelästigung behaftet“, sagt Gabriele Schendel, Sprecherin der BI Heidesiedlung, die sich in Voerde-Friedrichsfeld befindet. „Abends um zehn können Sie da schon heute nicht mehr durchfahren. Und jetzt wird die nächste Dreckschleuder gebaut – ohne schlüssiges Konzept“, lautet ihr Vorwurf.

Der Hünxer Michael Helmich ist extra zur Sitzung gekommen. „Hünxe hat so viele Umweltbelastungen einstecken müssen – Mülldeponien und Bergbauschäden, Munitionszerlegebetrieb –, da muss sowas nicht auch noch sein“, meint der 46-Jährige. Für ihn sind‘s gerade mal drei, vier Kilometer bis zur Anlage. Aber: „Wenn der Westwind weht, kriegen wir das alles mit, das kenne ich noch aus BP-Zeiten.“

Angesichts der Skepsis haben es die Vertreter des Magdeburger Planungsbüros INNOVA und der holländischen Baufirma NTB schwer, ihr Projekt zu verteidigen. „Da werden keinerlei Dioxine entstehen“, meint INNOVA-Fachmann Jochen Zingelmann. Das Gas, das bei der Verbrennung des Hausmülls entstehen soll, werde gereinigt. Eine Zwischenlagerung gebe es nicht, eine An- und Ablieferung ist ausschließlich über den Hafen vorgesehen, der dort entstehen soll. „Luftschlösser“, meint Ingo Goedecke vom BUND, der von der BI eingeladen wurde. „Da werden erhebliche Schadstoffe produziert. Die Firma hat keine praktische Erfahrung mit diesen Anlagen. Hier geht‘s vom Labor direkt zur Großanlage“, so Goedecke.

Für eine Überraschung sorgt dann die Information, dass ein US-amerikanisches, aber noch kein deutsches Patent für eine Anlage diesen Typs vorliegt. Das wird noch kommen, und der erste Strom wird 2007 fließen, zeigt sich der Geschäftsführer der holländischen Baufirma NTB, Frank Oude Nijhuis, nach über vier Stunden Diskussion überzeugt. „Wir sollten ja erst mal überprüfen, ob überhaupt was möglich ist, wie die Resonanz vor Ort ist. Alles so vorzubereiten, wie das hier gefragt ist, ist unmöglich. Dass wir in der Vergangenheit keine Referenzprojekte vorlegen konnten, heißt ja nicht, dass das technisch nicht gut durchgearbeitet worden ist.“

Gelassenheit herrscht nach dem Abend beim Voerder Bürgermeister Leo Spitzer. „Ich bin bestätigt worden, dass bis zur Umsetzung noch viele Fragen geklärt werden müssen“, so Spitzer. „Wir werden diese Maßnahme hochkritisch begleiten, viele kritische Fragen bedürfen der Aufarbeitung.“ Die Diskussion ist auch in den Nachbarkommunen noch nicht zu Ende. „Wir werden uns diese Herren noch einmal einladen, weil wir im Dunstkreis liegen“, meint Heinz Gielhaus, stellvertretender CDU-Fraktionsvorsitzender in Wesel.