„Der Feldherr? Das ist Jürgen Rüttgers“

NRW-SPD-Generalsekretär Michael Groschek wirft der Landesregierung vor, das Ruhrgebiet gezielt zu benachteiligen. Der Rheinländer Rüttgers habe kein Interesse am Revier, sagt der Genosse aus Oberhausen

taz: Herr Groschek, Sie haben der Landesregierung einen „Feldzug gegen das Kernruhrgebiet“ vorgeworfen. Wer ist der Feldherr? Michael Groschek: Das ist der Ministerpräsident und CDU-Landesvorsitzende Jürgen Rüttgers. Die Entscheidung, ein überregional attraktives Strukturentwicklungsprojekt wie O.Vision in Oberhausen nicht weiter zu fördern, hat er zu verantworten. Das ist zynische Politik gegen die Interessen des Ruhrgebiets.

Warum sollte der Ministerpräsident gezielt Politik gegen die Menschen im Ruhrgebiet machen?Das ist kein bewusster Angriff auf die Menschen, aber der machtpolitische Versuch, eine von der SPD-regierte Stadt wie Oberhausen zu schwächen. Schon bei den Strukturfördermitteln wurde im Ruhrgebiet radikal gekürzt. Statt dessen begeben sich Rüttgers und die CDU auf die Schiene der Klientelpolitik. Regionen und Politikfelder, in denen CDU-Wähler betroffen sind, werden bevorzugt. Nehmen Sie das Beispiel der Bauern. Überall wird gekürzt, nur bei den Landwirtschaftskammern nicht.

Korrigiert die CDU nicht einfach die jahrzehntelange SPD-Förderpolitik, die das Ruhrgebiet bevorzugte?Das ist Unsinn. Schauen Sie sich die Arbeitslosenstatistik an. Der NRW-Durchschnitt liegt bei einer Erwerbslosenquote von elf Prozent, das Mittel im Ruhrgebiet beträgt 14 Prozent. In einzelnen Städten des Reviers wie Gelsenkirchen liegen wir bei 20 Prozent. Hier muss eine Landesregierung sich besonders engagieren. Dazu ist sie verpflichtet. Das sieht sogar der vermeintlich große CDU-Ruhrgebietspolitiker [und NRW-Städtebauminister, Anm. d Red.] Oliver Wittke so, der zwar zu O.Vision geschwiegen hat, aber von einer Ruinenlandschaft im Revier spricht.

Was werfen Sie der CDU vor? Dass sich der Rheinländer Rüttgers nicht für die Probleme des Potts interessiert?Ja, da ist ein großes Desinteresse bei der CDU. Die haben nur eine sehr oberflächliche Verankerung im Ruhrgebiet. Auch die Gründung des Bezirksverbands Ruhr hat der CDU wenig gebracht. Bei den letzten Bundestags- und Landtagswahlen hat die CDU im Ruhrgebiet schwach abgeschnitten. Machtstrategisch ist diese Region deshalb nicht von Interesse, darum kümmert man sich auch nicht um sie.

Und die Sozialdemokraten sind dafür die roten Retter des Ruhrgebiets?Auf uns bleibt Verlass. Unsere starken Wahlergebnisse sind dafür Bestätigung. Die Erneuerung der Ruhrgebiets-SPD hat funktioniert.

Im Rest von NRW steht die SPD schwächer da. Hat die SPD nur noch das Revier?Nein, wir sind auch anderswo gut. Was Jochen Ott und Martin Börschel in Köln auf die Beine gestellt haben, zahlt sich jetzt aus. Unsere Neuaufstellung nach den Problemen in dieser Stadt hat hervorragend geklappt. Das hat die CDU in Köln noch vor sich. Auch im Münsterland ist die SPD da, wir regieren in vielen Städten dort. Die NRW-SPD ist nicht nur das Ruhrgebiet, aber ohne das Revier wäre es bei den Wahlen 2009/2010 erheblich schwerer, strukturelle Mehrheiten im Land zu erzielen.

INTERVIEW: MARTIN TEIGELER