Der alltägliche Krieg

SYRIEN Zwischen allen Fronten: Eine Fotoreportage dokumentiert, wie die Bürger der Großstadt Deir Azzour ums Überleben kämpfen. Ihre Heimat ist Angriffsziel für die Bomber des Assad-Regimes und Aufmarschgebiet für militante Islamisten

BERLIN taz | Von einst 750.000 Einwohnern sind nur noch 200.000 da, der Rest ist geflohen, viele sind vermutlich tot. Deir Azzour, die sechstgrößte syrische Stadt und größte im Osten des Landes, war vor gut zwei Jahren ein Ausgangspunkt der friedlichen Massenproteste gegen das Assad-Regime, deren blutige Niederschlagung schließlich zum bewaffneten Aufstand führte. Aus dem Aufstand ist längst ein Bürgerkrieg mit unzähligen Fronten geworden. Auch Deir Azzour wurde zum Schlachtfeld und Trümmerhaufen. Die taz zeigt heute Bilder aus der Stadt.

In Syrien sei eine „große humanitäre Katastrophe“ im Gange, erklärte das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) am Montag in Genf und veröffentlichte einen neuen Hilfsappell. Das UN-Welternährungsprogramm (WFP) warnte unterdessen, internationale Hilfsorganisationen in Syrien würden zunehmend zur Zielscheibe der Bürgerkriegsparteien. Zu den am schwersten von den Kämpfen betroffenen Menschen komme man kaum noch durch. Nötig seien sichere Korridore für Hilfskonvois, sagte die deutsche WFP-Sprecherin Katharina Weltecke.

Innerhalb von Syrien sind nach neuesten UN-Angaben 4,2 Millionen Menschen auf der Flucht, rund 1,4 Millionen sind in andere Länder geflohen – insgesamt sind das über ein Fünftel der syrischen Bevölkerung.

Nach jüngsten Berechnungen hat der zweijährige Konflikt in Syrien inzwischen weit über 80.000 Menschenleben gefordert. 82.257 Tote seien dokumentiert, erklärte am Sonntag die oppositionelle Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte: 34.473 Zivilisten, 16.729 Regierungssoldaten, 16.687 Rebellen, über 12.000 regierungstreue Milizionäre. 2.368 Tote könnten nicht zugeordnet werden. Über 10.000 Menschen seien in Regierungshaft verschwunden, rund 2.500 Gefangene befänden sich in Rebellenhand.

Die internationalen Bemühungen um eine diplomatische Lösung des Syrienkonflikts intensivieren sich derweil. Im Mittelpunkt steht die neue amerikanisch-russische Initiative für eine Syrienkonferenz sowie die mögliche türkische Reaktion auf Bombenanschläge in einer Grenzstadt am Wochenende. D.J.

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