„Verbrannte Erde“ gegen die Aufständischen

RÜCKBLICK Der bewaffnete Konflikt zwischen Guerilleros, Regierungstruppen und Paramilitärs in Guatemala war der längste Bürgerkrieg Lateinamerikas

GUATEMALA-STADT taz | 36 Jahre, von 1960 bis 1996, dauerte der bewaffnete Konflikt in Guatemala. 200.000 Menschen kosteten die Auseinandersetzungen zwischen linken Guerillatruppen, der Regierungsarmee und Paramilitärs das Leben.

In den ländlichen Regionen Guatemalas hatten bis in 1950er Jahre feudalistische Zustände geherrscht. Großgrundbesitzer, die meisten von ihnen Nachkommen europäischer Einwanderer, kontrollierten das Land. Die weiße Oberschicht betrachtete die indigene Bevölkerung als Untermenschen und beutete sie als billige Arbeitskräfte aus. Eine Landreform des Präsidenten Juan José Arévalo von 1952 wurde von einer rechten Putschregierung wieder rückgängig gemacht.

Von der Befreiungstheologie inspirierte Geistliche politisierten die Landbevölkerung. Ab Anfang der 1960er Jahre bildeten sich vier Guerillagruppen. In der Region Ixil, um die es in dem Prozess gegen Ríos Montt ging, besetzte eine von ihnen 1979 die Provinzhauptstadt Nebaj und exekutierte einen Großgrundbesitzer. 1982 vereinigten sich die Guerilleros.

Zustände wie heute

Die Armeeführung unter Montt antwortete mit einer Strategie der „verbrannten Erde“, Angriffen auf die indigene Zivilbevölkerung. Das Militär und der Geheimdienst erlangten im Zuge der Aufstandsbekämpfung totalitäre Kontrolle über die staatlichen Institutionen und die Gesellschaft.

Die Umstände, die viele Menschen in den ländlichen Regionen dazu bewegten, die Guerillatruppen zu unterstützen, haben sich bis heute kaum verändert. In Guatemala ist der Anteil der unterernährten Kinder unter fünf Jahren mit 49 Prozent im Vergleich aller zentralamerikanischen Länder am höchsten. Auf dem Land sind 70 Prozent aller Kinder unterernährt. Beim Gini-Index, der das Maß der ungleichen Einkommensverteilung angibt, liegt das Land auf Platz 11 von 195 Staaten. CHRISTIAN JAKOB