Containerbrücken blieben hochgeklappt

Im Hamburger Hafen ruhte aus Protest gegen die geplante EU-Hafenrichtlinie „Port Package II“ die Arbeit. Vor dem Burchard-Terminal versammelten sich 2.000 Hafenarbeiter zur Kundgebung. Schiffe lagen in der Elbmündung auf Reede

von Kai von Appen

Die „MSC Flaminia“ hat es offenbar nicht mehr rechtzeitig geschafft. Verwaist liegt der Containerriese am Eurokai des Umschlagsbetriebs Eurogate. Die 80 Meter hohen Containerbrücken über dem Schiff sind hochgeklappt. Auch am gegenüberliegenden Burchard-Kai der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) ragen demonstrativ die Brücken in den Himmel, um sichtbar werden zu lassen: Hier wird heute kein Stück bewegt.

Mit Beginn der Nachtschicht um 23 Uhr des Vortags hat die Gewerkschaft ver.di Hamburgs Hafenarbeiter zur Arbeitsniederlegung aufgerufen, um aus Protest gegen die geplante EU-Hafenrichtlinie „Port Package II“ den größten deutschen Hafen einen Tag lahm zu legen.

Der Streik ist Teil eines Aktionstags von Hafenarbeitergewerkschaften in vielen europäischen Häfen und richtet sich gegen die Deregulierungspläne der EU-Kommission: Die „Port Package II“ sieht unter anderem vor, dass die Konzessionen für Hafenbetriebe turnusmäßig global ausgeschrieben werden müssen und dass es Reedern künftig gestattet werden soll, ihre Schiffe mit eigenem Personal oder angeheuertem Landpersonal selbst löschen und beladen zu dürfen. Damit würden tausende Hafenarbeiter ihre festen Jobs verlieren. 2003 war die Kommission mit derartigen Plänen mit Port Package I im Europäischen Parlament abgeblitzt.

„Die Sauerei nimmt mit dem neuen Vorstoß kein Ende“, beklagt Eurogate-Betriebsrat Uwe Dorn, als sich mittags rund 2.000 Eurogate- und HHLA-Beschäftigte in ihren jeweils leuchtend orangenen und grünen Firmenkluften zu einer gemeinsamen Kundgebung vorm Burchard-Terminal versammeln.

Die Aktion zeigt Erfolg: Fast nirgendwo im Hafen wird gearbeitet. Zwar sind laut Lotsenbrüderschaft bis zum frühen Abend nur fünf Schiffsbewegungen ausgefallen, indem die Pötte in der Elbmündung auf Reede gehen mussten. Dennoch, so Sprecher Wolfgang Leue, sage dies wenig aus. „Viele Schiffe haben frühzeitig Order bekommen, die Fahrt zu drosseln.“

Bei der Kundgebung vorm Burchard-Terminal geben sich Politiker und Gewerkschafter das Mikrofon in die Hand. DGB-Chef Erhard Pumm, SPD-Chef Mathias Petersen und auch der schleswig-holsteinische SPD-Europaabgeordnete Willi Piecyk und ver.di-Bundeschef Frank Bsirske sind gekommen. Piecyk verspricht den Hafenarbeitern, dass die Fraktion der Sozialdemokraten und Sozialisten im EU-Parlament die Port Package „versenken“ werde.

Bsirske attackiert den Hamburger CDU-Europaabgeordneten Georg Jarzembowski, der sich trotz anders lautender Beschlüsse der Küstenländer und Hamburgs als Lobbyist der Richtlinie präsentiert: „Wir werden den Frontalangriff auf die Lebensinteressen der Hafenarbeiter nicht hinnehmen und nicht zulassen, wie das Rad der Geschichte zurückgedreht wird.“ Hamburgs CDU-Senat solle verhindern, dass durch Jarzembowski eine Koalition aus „Marktradikalen, Liberalen und radikalen Rechten“ in den EU-Häfen wieder „Tagelöhnerarbeit“ einführten.

Für den Fall, dass sich diese Koalition durchsetzt, habe die Internationale Transportarbeiterföderation bereits beschlossen, dass die Reeder, die ihre Schiffe selbst beladen, „weltweit boykottiert werden“.

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