Symbiose und Desaster

„Schöne Gegend“: Das begehbare Hörspiel „Die Doppelmarina“ wird auf Kampnagel uraufgeführt

von Katrin Jäger

Marina Katzel hat es gut. Sie lebt in einem paradiesischen Zustand, ohne Sorgen und Nöte, gemeinsam mit ihrer Gefährtin, der Doppelmarina. Beide gleichen sich bis aufs Haar, nur ist die Doppelmarina wesentlich kleiner als Marina Katzel und liegt wie ein Schal um deren Hals. Die beiden sind dermaßen aufeinander bezogen, dass sogar ihre Herzen völlig im Einklang schlagen. So idyllisch beginnt das fantastische Märchen von den beiden Marinas.

Doch schnell kommt es zum schicksalhaften Bruch, zu schrecklichen Ereignissen mit einem Hauch von Läuterung am Ende. „Die Doppelmarina“ heißt die neue Produktion des Trios „Schöne Gegend“, Simone Henneken, Fredrik Nedelmann und Alexandra Filipp. Am kommenden Mittwoch wird das begehbare Hörspiel auf Kampnagel uraufgeführt.

Rafi Guessous erzählt über Lautsprecher diese episodenhafte Selbstfindungsreise. Auf vielen weißen Stellwänden im großen Ausstellungsraum K3 projiziert „schöne Gegend“ die Bilder zur Geschichte. „Das Publikum bewegt sich dem Erzählstrom folgend durch die Räume, geht mit den Marinas in die Welt hinaus, die sich nach und nach eröffnet“, erklärt die Autorin Simone Henneken. Von ihr stammen auch die Zeichnungen der Marinas in ihren roten Kleidern, vom Schwan , der ihnen in seinem Gefieder eine Herberge bietet, von den Geschwistern Mondrian Exkaiser und Dolores, der Heuschrecke. Fantastische Gestalten, ikonenhaft flächig gezeichnet, teilweise minimal animiert, teilweise in reale Landschaften hineingesetzt.

Der Hamburger Musik-Performer Günter Reznicek führt die Zuschauer mit seinen klaren, harmonischen Melodien wie der Rattenfänger von Hameln durchs Geschehen, im Kontrast dazu stehen die unruhigen Techno-Klänge des Berliner Komponisten Patric Catani, alias Candie Hank. Sie signalisieren Bedrohung, und von bedrohlichen Situationen wimmelt es auf der fantastischen Reise.

Autorin Henneken ist fasziniert von dem Phänomen der Verdoppelung. „Das finden wir immer wieder in der Kunst und Literatur, in Zwillingsgestalt wie beim ‚doppelten Lottchen‘ oder in der Mutter-Kind Symbiose wie bei Maria und Jesus.“ Spannend sei auch das Phänomen der Symbiose: Einerseits verlockende Geborgenheit, andererseits die Gefahr der Selbstaufgabe.

Henneken verzichtet in der „Doppelmarina“ auf Psychologie, die Marinas sind Typen, ihre Charakterzüge wie ihre Gestalt holzschnittartig. Die Attribute gut und böse sind klar auf die beiden verteilt. „Schöne Gegend“ setzt auf die sinnliche Wirkung dieses technisch aufwendig inszenierten multimedia Ereignisses, auf die akustischen und visuellen Eindrücke gepaart mit der physischen Bewegung der Zuschauer.

Premiere am 18.1., weitere Vorstellungen: 20.-22-, 26.-28. Januar, 20.30 Uhr, Kampnagel