Kunstrundgang
: Harald Fricke schaut sich in den Galerien von Berlin um

Chiharu Shiota, bis 12. 2., Di.–So. 11–18 Uhr, Haus am Lützowplatz, Lützowplatz 9

Malen ist unentwegt Abstraktion. Räumliche, soziale oder gedankliche Zusammenhänge müssen auf eine zweidimensionale Fläche reduziert werden. Matten Vogel geht mit seiner Ausstellung bei Kuckei + Kuckei noch weiter und abstrahiert gleich Bilder von Bildern. Mal sind es fotografische Vorlagen, die er mit schwarzen Zensurbalken versieht und so selbst an unscheinbaren Waldszenen den spezifisch künstlichen Charakter des Darstellens markiert. Dann wieder lenkt er in der Serie „nicht gemalt“ die Aufmerksamkeit auf das leere Zentrum, wenn er bei einem idyllisch geratenen Blumenstrauß die Vase ausspart, sodass der Betrachter die Weißfläche in Gedanken ergänzen kann. Zum Schluss bleiben bei Vogels „Not“-Gemälden nur mehr quadratische Raster übrig, die sich als monochrome Pixel auf der Leinwand ausbreiten. Die Farbe selbst wird zum Gegenstand, der Kreis zum Bauhaus schließt sich.

Chiharu Shiota ist auf dem umgekehrten Weg. Eine Zeichnung aus zahllosen schwarzen Strichen verwandelt sich für ihre Installation „During Sleep“ zum undurchdringlichen Fadenlabyrinth, in dessen Mitte ein surreal schwebendes Bett wie von einem Spinnwebwald umgeben ist. Bild, Objekt, Skulptur – alles erweitert Shiota zum Raum. Da ist das Häuschen mit dem spitzen Dach aus Kindertagen, das aus Fensterrahmen konstruiert wurde; oder ein gekachelter, kellerartiger Einbau, der vom Fußboden bis zu den Wänden mit einer Rußschicht überzogen ist. Zugleich sind diese Räume, die die 1972 in Osaka geborene Künstlerin im Haus am Lützowplatz sehr aufwändig und doch mit unglaublich leichter Hand errichtet hat, auch Traumgebilde: Orte, in denen Erinnerungen, Ängste und selbst der Tod für Shiota ein Zuhause haben. Spuk und Schönheit liegen in diesem Zwischenreich dicht beieinander.

Matten Vogel: Not, bis 4. 2., Di.–Fr. 11–18, Sa. 11–17 Uhr, Galerie Kuckei + Kuckei, Linienstraße 158