Banken auf die Anklagebank

FINANZEN Die Arbeitsgruppe Finanzmärkte von Attac Berlin beleuchtet den Finanzsektor und bereitet ein Bankentribunal in Berlin mit vor

Der Wahrheitsfindung dürfte es auf jeden Fall dienlich sein, wenn Attac ein Bankentribunal ins Leben ruft. 480 Milliarden Euro wurden für die Rettung der Banken zur Verfügung gestellt. Eine adäquate zivil- oder strafrechtliche Aufbereitung der Finanzkrise findet indess nicht statt. Deshalb stellt Attac einen „Zivilgesellschaftsprozess“ auf die Beine und klagt die Bundesregierung, Banken, Aktionäre und ihre Komplizen in den Wirtschaftsprüfungsbüros und Ratingagenturen an.

„Das Bankentribunal wird am Wochenende nach Ostern in der Berliner Volksbühne stattfinden“, freut sich Philipp Hersel von der Berliner AG Finanzmärkte. „Das Tribunal machen Attac und Volksbühne gemeinsam. So erreichen wir auch Menschen, die nicht in Politgruppen unterwegs sind, sondern eher über den Zugang Theater und Kultur kommen.“ Ein Tribunal zu inszenieren ist auf jeden Fall ein lohnenswerter Ansatz, um das Thema zugleich ernst und unterhaltsam in die Öffentlichkeit zu tragen. „Das Thema Finanzmärkte hat ja nicht gerade den Ruf, das einfachste und bewegungsfreundlichste zu sein“, gibt Philipp zu, „aber ohne ein Grundverständnis des Finanzsystems ist der Kapitalismus nicht zu verstehen und auch kaum zu verändern oder zu überwinden.“

Das Bankentribunal will nicht nur anklagen und verurteilen, sondern auch Alternativen zum bestehenden Finanzsystem aufzeigen. Um die Alternativen wird sich vor allem die AG Finanzmärkte von Attac Berlin kümmern. Die Arbeitsgruppe ist gut aufgestellt, Ideen für ein anderes, besseres Finanzsystem vorzustellen. „Synopse“ lautet das entsprechende Projekt der Berliner. Bei der „Synopse“ geht es darum, die vielen Forderungen, die Attac im Laufe der Jahre aufgestellt hat, zu sammeln. „Wir wollen für Außenstehende einen Überblick schaffen, was Attac genau fordert, und die Forderung verständlich machen“, erklärt Philipp Hersel das Anliegen der Gruppe.

Da wird es dann doch recht komplex, wenn sich von den großen Themen wie Steuerpolitik und internationale Organisationen dutzende von Forderungen ableiten. Und da bleibt es auch nicht aus, dass sich einzelne Forderungen widersprechen oder gleiche Forderungen mit unterschiedlichen Formulierungen auftreteten, was bei Außenstehenden natürlich zur Verwirrung führen kann. Die Gruppe kommuniziert dann solche Widersprüche an die bundesweiten Gremien von Attac. „Wir können aber nur darauf hinweisen, dass nicht mal dies und mal das gefordert wird, denn schließlich können die Berliner die Entscheidung ja nicht alleine treffen“, ist Philipp diplomatisch.

Wir dürfen auf jeden Fall gespannt sein, welche Alternativen die Gruppe beim Bankentribunal vorstellen wird. Die Mind-Map der Forderungen, die auf der Webseite der AG gefunden werden kann, ist zwar ob der Fülle der Informationen recht übersichtlich, aber als Ganzes für einen unterhaltsamen Abend in der Berliner Volksbühne doch eher unverdaulich. Überhaupt ist das Projekt noch „Work in Progress“, klärt uns Philipp auf.

Philipp hat die Arbeitsgruppe in 2003 mit initiiert. Wie auch einige andere in der Gruppe beschäftigt er sich hauptberuflich mit dem Thema. Er arbeitet bei einem Bundestagsabgeordnenten der Linken zum Thema Finanzmärkte. „Wir sind aber kein Expertenzirkel, und auch Menschen ohne spezielles Fachwissen können bei uns leicht Zugang finden“, betont er. Knapp 15 Menschen im Alter von 20 bis 70 Jahren sind in der Arbeitsgruppe aktiv. „Ganz klar“ sagt Philipp: „Die Finanzkrise hat noch einmal für deutlichen Zulauf gesorgt.“

Aktuell organisiert die Gruppe neben dem Bankentribunal eine Veranstaltungsreihe, zusammen mit der DGB-Jugend. Im letzten Jahr hat sie im großen Bündnis „Wir zahlen nicht für eure Krise“ die Demonstration in Berlin mit organisiert. „Wir sind immer offen für Interessierte, die inhaltlich oder organisatorisch mitarbeiten wollen“, lädt Philipp zu den Arbeitstreffen und Veranstaltungen der Gruppe ein. JAL

■ Mitmachen:

Die Arbeitsgruppe trifft sich an jedem 1. und 3. Mittwoch im Monat, in den Räumen von Blue 21 e. V. im Mehringhof (2. Hof, rechts, 5. OG, Gneisenaustr. 2a)

■ Im Netz:

Unter Arbeitsgruppen von Attac Berlin:

www.attacberlin.de &

www.attac.de/bankentribunal

■ Weitere Informationen,

Termine und Aktionen, wie immer auf:

www.bewegung.taz.de