Warnung vor maroder Bausubstanz

Nach dem Halleneinsturz warnt Münchens OB: Kommunen haben zu wenig Geld für den Unterhalt von Gebäuden

MÜNCHEN taz ■ Zahlreiche Schulen, Ämter und auch Eishallen im ganzen Land müssen geschlossen werden – das befürchtet Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) angesichts der zahlreichen öffentlichen Gebäude aus den 60er- und 70er-Jahren, die eine „marode Bausubstanz“ hätten.

Mit Blick auf die zusammengestürzte städtische Eishalle in Bad Reichenhall erneuerte er gestern seine Warnung vor weiteren Gebäudeeinstürzen. „Fast alle Kommunen in Deutschland haben wegen ihrer Haushaltssituation in den vergangenen Jahren Mittel für den Bauunterhalt kürzen müssen. Dabei steigt die Zahl problematischer Gebäude in öffentlicher Hand“, sagte Ude in seiner Funktion als Präsident des Deutschen Städtetages.

Besonders bei Bauwerken aus den 60er- und 70er-Jahren würden die Probleme drängender. „Hier müssen Alarmzeichen wie Risse im Beton oder Feuchtigkeit im Gemäuer sehr ernst genommen werden“, so Ude.

Auch die Stadt Bad Reichenhall musste in den vergangenen Jahren kräftig sparen. Hunderttausende Übernachtungen fielen in den letzten Jahren weg, weil das Kurbad nicht mehr Schritt halten konnte mit modernen Wellnessangeboten. Und trotz klammer Kassen wurde der Stadt ein zusätzlicher Obolus abverlangt. Das alte Kurbad hatte noch dem Freistaat Bayern gehört, am neuen, 32 Millionen Euro teuren Solebad jedoch musste sich die Stadt mit vier Millionen Euro beteiligen. Dies war eine notwendige Investition in die Zukunft der Stadt, aber dennoch eine beträchtliche Summe für das kleine Städtchen mit 18.000 Einwohnern.

Angesichts der Kostenbeteiligung sprechen manche im Reichenhaller Stadtrat auch von „Zwang vonseiten der Staatsregierung“. Die hatte gestern in Person des bayerischen Innenstaatssekretärs Georg Schmid (CSU) die Verantwortung an der Katastrophe klar der Stadt Bad Reichenhall zugewiesen. Dabei wollte Oberbürgermeister Wolfgang Heitmeier (Freie Wähler) die Halle schon seit einiger Zeit schließen.

„Wir müssen sparen, und die Hallenanlage kostete uns jährlich 600.000 Euro“, heißt es von einem Stadtrat, der wegen eines „Maulkorbs des Staatsanwaltes“ ungenannt bleiben will. „Wenn der Heitmeier irgendeine Info gehabt hätte, dass die Halle baufällig ist, dann hätte er uns das als Erster um die Ohren gehauen, damit wir sie zumachen.“ Ohne solch einen Grund wäre eine solche Schließung wohl gar nicht möglich gewesen, heißt es aus dem Rathaus: „Dagegen haben sich die Lobbyisten der Sportvereine gewehrt. Das hätte zu einem riesigen Aufstand geführt.“

Stellt sich die Frage, ob die Stadt den Verfall der Halle billigend in Kauf genommen hat, weil man kein Geld hatte, um sie zu renovieren, aber vielleicht auch, um sich möglichst bald den teuren Unterhalt sparen zu können. Dass die Halle zunehmend verfiel, beklagt jedenfalls Thomas Rumpeltes, Vorsitzender des Eishockeyvereins: „In der Halle hat es ausgeschaut wie in einer halb fertigen Baustelle.“ Überall habe es hineingeregnet, und manchmal seien Eimer aufgestellt worden, um das Wasser aufzufangen. MAX HÄGLER