Abschiebung abgewendet

MIGRATION Weil die Ausländerbehörde Harburg mit falschen Daten rechnete, wurde ein Ehepaar beinahe getrennt, jetzt rudert die Behörde zurück

„Die Dokumente lagen vor. Die Behörde hat das falsch berechnet“

JALLOHS ANWALT

Allieu Jalloh lebt seit 17 Jahren in Deutschland. 2010 heiratete er Umu Kultumy. Beide besuchten die Sprachschule, er lernte Koch und arbeitet Vollzeit. Dabei verdient er laut Lohnbescheid 1.253,85 Euro netto im Monat. Jallohs Einkommen ist entscheidend für seinen Aufenthaltstitel – und von dem hängt auch die Aufenthaltserlaubnis seiner Frau ab. Damit Jalloh eine so genannte Niederlassungserlaubnis bekommt, muss er mindestens 1.196,16 Euro netto im Monat verdienen.

Die Ausländerbehörde Harburg soll jedoch wissentlich falsche Daten benutzt haben, um seine Frau abzuschieben, berichtet der NDR. Denn laut Ausländerbehörde verdient Jalloh 247,23 Euro weniger.

„Falsche Angaben sind nicht auszuschließen“, räumt Petra Scholz von der Pressestelle des Bezirksamts Harburg gegenüber der taz ein. Doch Jallohs Arbeitgeber, das Unternehmen Mega 3, bestätigte laut NDR den höheren Lohn.

Obwohl der Ausländerbehörde die Lohnabrechnung vorgelegen haben soll, lehnte sie den Antrag auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis ab. Die Begründung: Jalloh verdiene zu wenig. Damit droht der Ehefrau die Abschiebung.

Doch Jallohs Anwalt legte Widerspruch auf Ablehnung der Niederlassungserlaubnis ein. „Die Dokumente lagen von Anfang an vor. Die Behörde hat das falsch berechnet“, heißt es aus seinem Büro. Die Behörde reagierte und bot einen Vergleich an: Wenn Jalloh den Widerspruch zurücknimmt, bekomme er die Niederlassungserlaubnis. Verdient er plötzlich doch genug? „Es liegen neue Dokumente vor, die Daten werden überprüft“, sagt Sprecherin Scholz.

Am Dienstagmorgen stimmte Jalloh dann dem Vergleich zu und erhält damit die Niederlassungserlaubnis. So bekommt seine Frau einen neuen Anspruch auf Aufenthalt. Der Antrag ist gestellt, nun wartet das Paar auf die Entscheidung. Wenn alles gut geht, kann Kultumy hier bleiben. Die Anwaltskosten müssen die Jallohs trotzdem tragen.

Der SPD-Senat rühmt sich, mehr Migranten einzubürgern. Als erstes Bundesland startete Hamburg 2011 eine Einbürgerungskampagne. Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) versicherte, dass die Einbürgerung der seit Jahren in Hamburg lebenden Menschen für ihn „ein Staatsziel und eine Herzensangelegenheit“ sei. Dieses Ziel scheint aber noch nicht in der Ausländerbehörde angekommen.  JANINA KRUPOP