Fast alle retten Zypern

EURO Große Mehrheit im Bundestag für Milliarden für Mittelmeerinsel. Während es in Deutschland kaum Kritik gibt, begehren immer mehr Europaparlamentarier auf

„Der Entwurf trägt vor allem unsere Handschrift“

SPD-FRAKTIONSCHEF STEINMEIER

VON ERIC BONSE
UND PAUL WRUSCH

BRÜSSEL/BERLIN taz | Am Ende fühlten sich fast alle als Sieger. Union und FDP, weil sie die Zypern-Rettung auf den Weg gebracht hatten. SPD und Grüne, weil sie der Meinung sind, der Entwurf trage vor allem ihre Handschrift.

Der Bundestag hat am Donnerstag mit großer Mehrheit das Hilfspaket für den strauchelnden Inselstaat abgenickt. 487 Abgeordnete befürworteten den Antrag, 102 votierten dagegen, 13 enthielten sich. Neben Union und FDP stimmten auch SPD und Grüne mehrheitlich für die Kredithilfe. Nur die Linksfraktion votierte dagegen.

Die Kredite für Zypern umfassen insgesamt 10 Milliarden Euro. Eine Milliarde Euro soll der Internationale Währungsfonds (IWF) übernehmen, die übrigen neun Milliarden kommen vom Eurorettungstopf ESM. Zypern sei trotz seiner geringen Größe systemrelevant, sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Grund: Die Probleme des Inselstaates könnten sich leicht auf die Eurozone ausweiten.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hatte es schwer. Einerseits musste er begründen, weshalb seine Partei ebenfalls für die Zypernhilfe stimmt, andererseits den Eindruck vermeiden, sich nicht von der Haltung Schäubles zu unterscheiden. Es ist immerhin Wahlkampfzeit. „Der Entwurf trägt vor allem unsere Handschrift“, sagte Steinmeier. Nur durch den Druck der SPD würden jetzt die Banken-Gläubiger an der Rettung beteiligt und der zyprische Finanzsektor verkleinert. „Unsere Zustimmung ist keine Zustimmung für das Krisenmanagement der Regierung“, sagte er. Als „Dilettantismus“ bezeichnete Steinmeier die ursprünglich geplante Einbeziehung von Kleinsparern für die Inselrettung, die viel Vertrauen zerstört habe.

Die heftigste Kritik kam von Gregor Gysi. Erneut werde ein „Rettungspaket für Banken“ geschnürt, sagte der Fraktionschef der Linken.Während die Superreichen ihre Vermögen aus dem Land gebracht hätten, müssten jetzt die kleinen Leute durch Lohnsenkungen und Rentenkürzungen leiden.

Seine Kritik verhallte. Anders sieht es auf europäischer Ebene aus. Ungewöhnlich scharf kritisieren viele Europaparlamentarier die Zypernrettung. Während die SPD im Bundestag Ja sagte, rügt Hannes Swoboda, Chef der sozialdemokratischen Fraktion, das Hilfspaket. Er warf den europäischen Finanzministern ein „geradezu kolonialistisches“ Auftreten vor. Scharf ging Swoboda auch die internationale Troika an. Nach dem Hin und Her über die Enteignung von Kleinsparern und die europäische Einlagensicherung gehöre das Trio, dem die EU-Kommission, die Europäische Zentralbank und der IWF angehören, eigentlich „aufgelöst“. Dany Cohn-Bendit kritisierte, dass die Hilfe für Zypern verschleppt worden sei. „Seit 18 Monaten wussten wir, dass die Krise kommt“, monierte der deutsche Grünen-Politiker.