Anklage nur gegen Pflegevater

METHADONTOD Hamburger Justiz streitet sich wegen bevorstehendem Chantal-Prozess

Der bevorstehende Prozess um den Methadontod des elfjährigen Pflegekinds Chantal sorgt für Streit in der Hamburger Justiz. Die Staatsanwaltschaft hat Beschwerde gegen die Entscheidung des Landgerichts eingelegt, nur den Pflegevater vor Gericht zu bringen, wie Sprecherin Nana Frombach am Dienstag sagte. „Wir wollen damit erreichen, dass die Anklage so zugelassen wird, wie sie erhoben wurde.“

Die Staatsanwaltschaft hatte beide Pflegeeltern wegen fahrlässiger Tötung und wegen Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht angeklagt. Das Landgericht eröffnete das Hauptverfahren aber nur gegen den Pflegevater. Dem 53-Jährigen werde vorgeworfen, keine Hilfe geholt und die Wohnung im Stadtteil Wilhelmsburg verlassen zu haben, obwohl er Chantal am Morgen des 16. Januar 2012 nicht wecken konnte und sie bis zum späten Vormittag auch nicht aufgestanden war.

Am Nachmittag war das Mädchen gestorben. Den Ermittlungen zufolge hatte die Elfjährige am Vorabend eine Methadontablette geschluckt, in dem Glauben, es handele sich um ein Mittel gegen Übelkeit. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hätte Chantal gerettet werden können, wenn der Pflegevater medizinische Hilfe geholt hätte, erklärte das Gericht.

Gegen die 49 Jahre alte Pflegemutter lehnte das Gericht die Eröffnung eines Hauptverfahrens ab. Die Staatsanwaltschaft hatte auch ihr fahrlässige Tötung vorgeworfen. Beide sollen der Anklagebehörde zufolge ihre jeweiligen Methadontabletten gemeinschaftlich beschafft und gelagert haben. Es habe aber nicht geklärt werden können, wer von den Eltern die Tablette ungesichert in der Wohnung liegen ließ. Darum müsse zugunsten der Pflegemutter davon ausgegangen werden, dass nicht sie die Heroin-Ersatzdroge nachlässig verwahrte. Umgekehrt gelte das auch für den Pflegevater.  (dpa)