NANA HECKALLEINLAGE
: Der Bauer kennt keinen Mangel

Das Sprichwort „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not“ umreißt grob das bäuerliche Finanzkonzept. Mein Mann wäre froh, wenn ich mich daran halten würde – gut nur, dass wir keine Zeit haben, Geld auszugeben

Auch hier auf dem flachen Land ist Geld bisweilen nötig, um diverse Bedürfnisse zu befriedigen. Zwar können Kartoffeln und Kohl selbst angebaut und Tiere für den Eigenverzehr gemästet werden. Für Heizmaterial steht der eigene Wald vor der Haustür zur Verfügung und sogar das ein oder andere Kleidungsstück aus eigener Wolle wärmt uns im Winter, doch völlige Selbstversorgung bleibt Illusion.

Automobil und Versicherungen, Computer und Krankenkasse; alles kostet und meist dann, wenn der Topf leer ist. Unsere monetäre Hauptertragszeit ist der Herbst. Dann werden die Schlachtlämmer verkauft und auch uns EU-Subventionen bezahlt. Im Rest des Jahres nehmen wir über Gemüse-, Kartoffel- und Fleischdirektvermarktung weniger ein, als wir ausgeben müssen. In dieser Zeit liegt unser finanzieller Spielraum deutlich unter den Hartz-IV-Sätzen. Die Tatsache, dass durch die hohe Arbeitsbelastung sowieso kaum Zeit zum Geldausgeben bleibt, kommt uns dann sehr entgegen.

Mit dem Thema Sparen beschäftigt sich auch der bäuerliche Sprichwortfundus schon seit Jahrhunderten: „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not“ und „Reich wird man nicht von dem Geld, das man einnimmt, sondern von dem, das man nicht ausgibt“. Sparen scheint also die bäuerliche Antwort auf Mangel zu sein – eigentlich nichts anderes als das Anlegen von Vorräten.

Während existenzieller Mangel an Materiellem in unserer Gesellschaft selten vorkommt ist, der gefühlte Mangel groß. Weil gerade Industrielandbewohner sich seltsamerweise arm fühlen, haben findige Bankmitarbeiter den Privatkredit erfunden, um dieses Problem in den Griff zu bekommen.

Auf Pump zu leben scheint inzwischen völlig normal zu sein. Die Finanzierung von Konsumgütern durch eine Bank ist allerdings nicht das, was dieses Fremdwort uns im eigentlichen Wortsinn verspricht. Die Bank bezahlt uns den neuen Fernseher leider nicht, sie macht ihn in Wirklichkeit teurer und verdient daran. Während Unternehmen teilweise Schulden machen müssen, um beispielsweise neue Geschäftsfelder zu erschließen, bedeutet Verschuldung der Privathaushalte nichts anderes als Konsum auf Kosten zukünftiger Einnahmen, sozusagen Verkonsumierung der Zukunft. Die Überschuldung der Privathaushalte in den USA war der Anfang der Finanzkrise, doch konsumwütige Verbraucher werden nur selten als Schuldige benannt.

Zum Leidwesen meines Bauern bin ich selbst nicht gerade eine Finanzmanagerin. Solange Geld da ist, gebe ich es auch aus. Ein Glück also, dass Banken einkommensschwachen Bauern ungern Kredite geben. Allerdings fällt mir Geldlosigkeit auch leicht. Im Notfall beschränke ich meine Konsumwut einfach auf die eigenen Produkte und bin dann immer noch eine reiche Bäuerin.

Die Autorin ist Biobäuerin in Mecklenburg Foto: privat