CHRISTIAN BUSS DER WOCHENENDKRIMI
: Kippe an und Mund halten

Rauchen tut er wie ein Schlot. Ach, würde dem Abiturienten Tobias (Sergej Moya) doch statt Zigarettenqualm auch mal ein verständlicher Satz über die Lippen kommen! Immerhin ist sein bester Freund durch Genickbruch in einem alten Parkhaus ums Leben gekommen, doch wann immer Tobias seinen Mund aufmacht, ist da nur ein Stottern und Stammeln zu vernehmen.

Kommissar Kappl (Maximilian Brückner) ist bald genervt von dem Pubertierenden, der ihm sein Büro vollqualmt. Ganz brachialer Bajuware, brummt er: „Ich will den nicht verstehen, ich will auch kein Mitleid mit dem haben.“ Kollege Deininger (Gregor Weber), aufgewachsen in Saarbrücken, ist da milder gestimmt – was daran liegen mag, dass er vor 20 Jahren auf demselben Parkhaus seine ersten Zigaretten geraucht hat und auf derselben Schule von denselben Lehrern genervt wurde. Die Rollenvorgabe für das „Good cop, bad cop“-Spielchen beim Verhör ist also klar: Kappl kloppt auf den Tisch, Deininger holt Kippen.

Mysterium Pubertät: „Hilflos“ (Buch: Stefan Schaller und Sabine Radebold) ist ein ambitionierter Krimi über diesen undurchdringlichsten aller Lebensabschnitte. Und je mehr Druck auf Tobias ausgeübt wird, desto mehr verschanzt er sich hinter einer Mauer aus Stille. Erst ein paar mühsam rekonstruierte Gewaltvideos vom Computer des Toten geben Aufschluss über das rabiate Treiben des jungen Schweigers.

Adoleszenz ist ja schlimmstenfalls ein Zusammenwirken von Triebstau, Aggressionsstau und Kommunikationsstau. Tatsächlich hat Regisseur Hannu Salonen in Tobias die beste Verkörperung juveniler Sprachlosigkeit gefunden. Umso mehr, das muss man leider auch sagen, geht einem in dieser Episode irgendwann die Hemdsärmeligkeit des ewigen Naturburschen Kappl gegen den Strich: Gehen Sie zum Entspannen doch ruhig mal eine Runde rauchen, Herr Kommissar!

Saarbrücken-„Tatort“: „Hilflos“, So., 20.15 Uhr, ARD