Energiesparen erst im Sommer

Ab Januar sind Vermieter europaweit verpflichtet, den Energiebedarf von Gebäuden anzugeben. Die Bundesregierung hat die Umsetzung der Richtlinie bislang versäumt

BERLIN taz ■ Der Zeitplan steht seit drei Jahren: Am 4. Januar 2006 tritt eine EU-Richtlinie in Kraft, die alle Vermieter und Bauherren verpflichtet, offen zu legen, wie viel Energie ihre Gebäude brauchen. Mieter oder Käufer sollen so auf den ersten Blick erkennen, was sie für Heizkosten oder warmes Wasser ausgeben müssen. In Deutschland allerdings müssen sie noch etwas warten. Weder die abgelöste rot-grüne Bundesregierung noch die große Koalition hat es geschafft, das europäische in nationales Recht umzusetzen. Die Einführung des so genannten Gebäudeenergiepasses verzögert sich mindestens bis zum Sommer.

„Es gibt noch nicht mal einen Referentenentwurf“, heißt es bei der Deutschen Energie-Agentur dena. Verantwortlich dafür sei die Neuwahl: „Es gab ein Übereinkommen zwischen den Fraktionen des alten Bundestages, keinen Referentenentwurf mehr vor der Bundestagswahl vorzulegen“, erklärt dena-Expertin Felicitas Kraus.

Viele Fragen sind deshalb noch nicht geklärt. So soll der Gebäudepass ein Urteil darüber ermöglichen, ob der Energieverbrauch einer Wohnung „gut“ oder „schlecht“ ist. In der Diskussion sind aber zwei verschiedene Maßstäbe: verbrauchs- oder bedarfsorientiert. Verbrauchsorientiert bedeutet: Der Gebäude-Energie-Pass listet auf, was der Vormieter verbraucht hat. Kraus hält das für schwierig: „Rentner haben andere Wohnnutz-Verhalten als etwa Singles.“ Im ersten Fall würde der Energiepass überdurchschnittlichen Verbrauch annoncieren – Rentner halten sich generell mehr in ihrer Wohnung auf und haben es gern warm. Im zweiten Fall würde ein unterdurchschnittlicher Energieverbrauch dokumentiert: Viele Studierende nutzen die Wohnung nur in der Woche.

Eine bedarfsorientierte Angabe scheint objektiver. Hier wird die Physik des Hauses geprüft: Welche Eigenschaften haben Fenster und Türen, wie ist das Dach beschaffen, welche Qualität hat die Dämmung?

Der Gebäudeenergiepass soll aber nicht nur Informationen für private oder gewerbliche Käufer und Mieter liefern, sondern auch Modernisierungsfelder aufzeigen. „Idealerweise soll so eine Investition in mehr Wärmeschutz – und damit mehr Klimaschutz – stimuliert werden“, erklärt Kraus. Allerdings sind Zweifel angebracht: Warum soll ein Vermieter in Verbesserungen investieren, die nur dem Kontostand des Mieters nützen?

Auch praktische Fragen sind noch offen: Dürfen beispielsweise nur Ingenieure und Architekten den Energiepass ausstellen, oder auch Handwerker, wie die dena fordert?

Trotzdem ist es unwahrscheinlich, dass die EU-Kommission Deutschland wegen des Versäumnisses anmahnen wird. Abgesehen von Großbritannien und Dänemark trödeln die EU-Mitgliedsstaaten nämlich alle.

www.gebaeudeenergiepass.de