leserinnenbriefe
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Prekäre Arbeitsverhältnisse

■ betr.: „Muss Leiharbeit abgeschafft werden?“,sonntaz vom 17. 1. 10

Frau von der Leyen schreibt: „Fast zwei Drittel der Leiharbeiter waren vor dem Einstieg bei ihrer Zeitarbeitsfirma arbeitslos. Weitere 9 Prozent hatten noch nie zuvor einen Job. Die Arbeit für eine Zeitarbeitsfirma ist allemal besser als Langzeitarbeitslosigkeit, Schwarzarbeit oder 400-Euro-Jobs.“

Das ist tatsächlich die Umkehrung der Realität. Zeitarbeitsfirmen blockieren durch ihr massives Auftreten am Arbeitsmarkt reguläre Arbeitsplätze. Niedrigqualifizierte Jobs wie für ProduktionshelferInnen sind außerhalb von Zeitarbeit praktisch nicht mehr zu finden, 80 Prozent der Jobs in der Dienstleistung sind fest in Zeitarbeitshand (www.statistik-bw.de/Pressemitt/2008167.asp). Daher wäre es angebracht, die Zeitarbeit wieder darauf zurückzuführen, wofür sie auch sinnvoll ist: um Produktionsspitzen abzufangen, Zeiten hohen Personalbedarfs wie an Weihnachten im Verkauf oder Personalausfall gerade in kleinen Betrieben zu kompensieren u. Ä. Alles andere ist die Umwandlung regulärer Arbeitsplätze in prekäre Arbeitsverhältnisse. JÖRG RUPP, Malsch

Alle sollen in Würde leben

■ betr.: „Würdiges Leben, grundgesichert“ von Wolfgang Strengmann-Kuhn, taz vom 16. 1. 10

Endlich denkt jemand, Wolfgang Strengmann-Kuhn, rentenpolitischer sprecher der bundestagsfraktion der grünen, an diejenigen, denen bei sätzen wie: „wer gearbeitet hat, soll mehr haben, als wer nicht gearbeitet hat“, der hut hochgeht, weil sie chronisch krank sind und nicht würdig, nämlich nicht armutsfest grundgesichert sind

alle sollen in würde leben, die, die arbeiten, und die, die nicht arbeiten können, weil sie krank oder arbeitslos sind. das steht so seit 1976 in der konvention über sozialökonomische und kulturelle rechte der UN, in der grundrechtecharta von Nizza 2001, die teil des eu-vertrages ist. im SGB XII steht immer noch der sinnlose satz vom lohnabstandsgebot, was bei erwerbsunfähigen ja gänzlich absurd ist und zeigt, mit wie heißer nadel dieses jahrhundertwerk agenda 2010 gestrickt ist. leider unter beteiligung der Grünen. es wäre an der zeit, vor allem jetzt im zusammenhang mit der zu erwartenden entscheidung des bundesverfassungsgerichts zur regelsatzhöhe, dieses machwerk zu überholen, wozu die SPD ja nicht fähig ist.

JOHANN BINSWANGER, Köln.

Es ist zum Heulen

■ betr.: „Linken-Streit: Bartsch gibt auf“, „Das Ende eines Reformers“, taz vom 16. 1. 10

Es ist zum Heulen! Schwarz-Gelb taumelt von einem Schwächeanfall in den nächsten, und was macht die Linke? Statt die Gunst der Stunde zu nutzen und sich dem Wähler als überzeugende Alternative zu präsentieren, gefällt sie sich in kleinkarierten internen Grabenkriegen. Warum eigentlich leiden gerade die Linken immer wieder an diesem neurotischen Hang zur Selbstzerfleischung? Ist es das fundamentalistische Beharren auf der reinen Lehre? Das verbissene Streiten über ideologische Dogmen? Oder diesmal doch nur das Gezänk selbstverliebter Alphatiere? Gysi und Oskar sollten ihren Charismabonus nicht überdrehen. 12 Prozent der Wähler zu gewinnen reicht nicht. Sie müssen auch gehalten und gebunden werden. Und dazu braucht es andere Köpfe, braucht es unaufgeregte, sachorientierte und solide Pragmatiker wie Bisky, Bartsch und Ramelow. Die Demontage von Bartsch war ein Kardinalfehler, der sich rächen wird, und zwar spätestens bei der Nordrhein-Westfalen-Wahl. Wie kann man nur so blöd sein und hinten alles einreißen, was man gerade vorne aufgebaut hat!? BARBARA SKERATH, Köln

Arbeit ordentlich machen

■ betr.: „Zum Jubiläum ein Aufreger“, taz vom 18. 1. 10

Kann man nicht diesen dumm tuenden hessischen Minister erst einmal darauf hinweisen, dass er seine Arbeit ordentlich machen muss, bevor er sich mit irgendwelchen blödsinnigen Parolen in die Politik einmischt? Eine „Beschäftigungspflicht“ für alle Arbeitslosen? Muss man da nicht erst einmal wenigstens jedem Arbeitslosen einen Arbeitsplatz nachweisen, bevor er Arbeit von denen verlangen darf? Die armen Leute stehen doch gerade deswegen Schlange vor dem Arbeitsamt, weil sie niemand beschäftigen will. Wenn die Hessen den schon gewählt haben, kann dann nicht dafür gesorgt werden, dass er da auch bleibt – in Hessen? Und seine unklugen Ideen mit ihm? FRIEDRICH BÄSSMANN, Kiel