Der Kommunist der Rekorde

Jyoti Basu in Westbengalen war der wohl am häufigsten demokratisch wiedergewählte kommunistische Regierungschef der Welt

Als der indische Kommunistenführer Jyoti Basu am 1. Januar in Kalkutta ins Krankenhaus kam, verbreiteten sich schnell Gerüchte, der 95-Jährige sei dort verstorben. Auch Wikipedia meldete schon den Tod des Greises, der von 1977 bis 2000 den Bundesstaat Westbengalen regierte. Basu war damit nicht nur der längste je regierende Regierungschef eines indischen Bundesstaates, sondern auch der wohl am häufigsten demokratisch wiedergewählte kommunistische Regierungschef der Welt.

Mit der Bemerkung „So leicht gibt Jyoti nicht auf“ konterten seine Anhänger die Todesgerüchte. Sie hatten insofern recht, als Basu schon früher, manchmal auch gegen seinen Willen, einen langen Atem bewiesen hatte. So war er viel länger Ministerpräsident, als er wollte. Weil er Indiens beliebtester Kommunist war, verweigerte ihm seine Partei CPM den Ruhestand. Dabei begann Basus politische Karriere schon zur britischen Kolonialzeit. Doch als treuer Parteisoldat fügte sich Basu, der am Ende seiner Amtszeit ohnehin nur noch halbtags arbeiten konnte. Erst im November 2000 durfte er endlich mit 86 Jahren abtreten.

Zuvor hatte ihm die Partei den größten Karrieresprung versagt. 1996 stand Indiens Linke vor der Regierungsübernahme in Delhi und hatte sich auf Basu als künftigen Premier geeinigt. Erstmals hätte eine von Kommunisten geführte Linksfront in der größten Demokratie der Welt die Macht übernommen. Doch Fundis in der CPM zwangen Basu zum Verzicht. Er nannte das später den „größten Fehler“ der CPM.

Basu war der Sohn eines wohlhabenden Arztes aus Ostbengalen im heutigen Bangladesch. Beim Jurastudium in Großbritannien kam er mit kommunistischer Ideologie in Berührung. Zurück in Indien, organisierte er Eisenbahner und wurde der Chef ihrer Gewerkschaft. Nachdem 1977 eine von der CPM geführte Linksfront in Westbengalen an die Macht kam, setzte Basu als Regierungschef eine Landreform durch. Die sicherte seiner Partei fortan die Mehrheit. Basu selbst war in späteren Jahren ein Pragmatiker, der zuletzt sogar westliche Konzerne hofierte, um ihre Investitionen in seinen Bundesstaat zu locken. Jetzt sollte er das Krankenbett, zu dem zahlreiche indische Politgrößen pilgerten, doch nicht mehr lebendig verlassen. Am Sonntag starb er.

SVEN HANSEN