Der Überraschungsminister

VERKEHRSMINISTER Peter Ramsauer (CSU) weiht wie seine Vorgänger auch Autobahnen ein. Zugleich schafft er aber eine Abteilung für Klimapolitik – und beeindruckt damit Grüne

Ramsauers Vorgänger waren „Papageien ihrer Beamten“

UMWELTSCHÜTZER WERNER REH

AUS BERLIN HANNA GERSMANN

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer hat heute die letzte Lücke auf der A 38 für den Verkehr freigegeben“ (Pressemitteilung vom 22. Dezember 2009)

Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) ist noch keine drei Monate im Amt, aber schon viel unterwegs. In 23 seiner bisher 63 Pressemitteilungen geht es um Einweihung von Autobahnen, Ortsumgehungen, Tunnel oder deren Baubeginn. Er hat die Projekte nicht selbst geplant, macht sie aber zum Medienevent. Auf den ersten Blick sieht es darum so aus, als folge er der Tradition des Hauses: Asphalt zuerst. Der zweite Blick überrascht.

Ramsauer krempelt das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung um: Er schafft eine neue Unterabteilung für „Klima- und Umweltschutzpolitik“. Beamte in sechs Referaten, so zeigt sich nun im Organigramm des Ministeriums, arbeiten darin zu „Energie- und Klimaschutz, Bauen und Verkehr“, „Lärm und Umwelt“ oder „Innovationen für eine nachhaltige Mobilität, Elektromobilität“. Schon immer beschäftigten sich einige der 1.600 Ministeriumsbeamte mit klimafreundlichen Fahrzeugen und Lärmschutz. Mit einer Extraabteilung könnten sie nun jedoch mehr Gewicht bekommen. Dafür gibt es Lob – auch von unverdächtiger Seite.

Winfried Hermann ist Grüner und Vorsitzender des Verkehrsausschusses im Bundestag. Er meint: „Gut, dass Ramsauer die Struktur im Verkehrs- und Bauministerium ändert. Es ist schließlich das zentrale Klimaressort.“ Rund 25 Prozent der deutschen Treibhausgase kommen aus dem Verkehr. Hermann zeigt sich von mancher Idee des CSU-Politikers, den er eigentlich für „Straßenbau-fixiert“ hält, überrascht. Im Verkehrsausschuss habe Ramsauer sich „erfreulich deutlich für Klimaschutz“ ausgesprochen, wolle „Elektroautos und Nullenergiehäuser“ fördern, erzählt er. Allerdings sei das Haus „besonders schwierig“: „Die Mitarbeiter tun, was sie wollen. Verkehrsminister sind nur Sprechzettelleser“.

Davon will Ramsauers Sprecher nichts wissen: Die Klimaabteilung „wird stark“, „der Minister gibt die Linie vor“. Dass Ramsauers Vorgänger „Papageien ihrer Beamten“ gewesen seien, sagt aber auch Werner Reh, der seit Jahren die Verkehrspolitik für den Umweltverband Bund beobachtet. Die Planungen von Straßen dauerten schon mal 30 oder mehr Jahre. Die Beamten blieben, die Minister wechselten.

„Ramsauer hat heute Vormittag in Oberbayern für die Verlegung der B 307 bei Raiten den symbolischen Ersten Spatenstich getätigt“ (7. Dezember 2009)

Dabei hat der Minister eigentlich Macht. Er verfügt über den größten Investitionshaushalt, derzeit pro Jahr 3 Milliarden für den Städtebau und 12 Milliarden Euro für den Verkehr. Doch Werner Reh fallen nur wenige Minister ein, die anders als durch den Bau von Verkehrswegen von sich reden machten. Anfang der 80er Jahre hat Volker Hauff (SPD) mal 7.000 Kilometer Autobahn gestrichen – „und war dafür in der Behörde verhasst“, sagt Reh. Und Kurt Bodewig (SPD) habe im Jahr 2000 versucht, den Radverkehr in die Gänge zu bringen. Doch egal ob Wolfgang Tiefensee, Manfred Stolpe oder Franz Müntefering (alle SPD) – sie alle seien nicht gegen die „Macht des Apparates“ angekommen. Da gehe es um „Ressortegoismen“, aber nicht um die beste Lösung der Verkehrsprobleme. Die Straßenbauer planen Straßen, die Schienenbauer Trassen, die Wasserbauer Kanäle. Städte- und Raumplaner haben wenig zu sagen.

„Ramsauer hat heute gemeinsam mit Ministerpräsident Jürgen Rüttgers die neue Rheinbrücke Wesel dem Verkehr übergeben“ (30. November 2009).

Ramsauer gilt allerdings als durchsetzungsstark. Nur wirkt er als Verkehrsminister bisher unentschlossen. Erst forderte er die Pkw-Maut, um Straßen zu finanzieren, dann wollte er davon nichts mehr wissen. Mal will er den Aufbau West, mal Schienen.

Auch der Koalitionsvertrag ist widersprüchlich. Einerseits soll Ramsauer gegen Klimawandel kämpfen. Andererseits heißt es: „Uns geht es darum, Mobilität zu ermöglichen und nicht zu behindern. Die Hinterlassenschaften von Rot-Grün in der Verkehrspolitik gehören endgültig der Vergangenheit an.“ Rot-Grün propagierte eine Ökowende, weg von der Straße hin zur Schiene. Der Grüne Reinhard Loske weigert sich heute als Bremer Verkehrssenator, Straßen einzuweihen. Davon ist Ramsauer noch weit entfernt.

„Wegen der schlechten Wetterverhältnisse konnte Minister Ramsauer leider nicht persönlich an der Verkehrsfreigabe teilnehmen.“ (21. Dezember 2009, Einweihung Teil A 20)