Wer nicht wirbt, stirbt

Die Naturschutzverbände haben mit nachlassendem Interesse zu kämpfen. Trotzdem hat es Hamburgs NABU geschafft, seine Mitgliederzahl um die Hälfte zu steigern: Für bedrohte Viecher lassen sich die Leute offenbar eher begeistern als für Politik

von GERNOT KNÖDLER

Die Mitgliederzahlen der Hamburger Umweltverbände stagnieren. Nicht so beim Naturschutzbund NABU. Rund 5.000 Mitglieder gewann der ehemalige Bund für Vogelschutz in den vergangenen vier Jahren hinzu. Mit derzeit mehr als 15.000 ist er der mitgliederstärkste Umweltverband. Das dürfte vor allem an seiner Werbung liegen, weniger an einer gesteigerten Sensibilität der Menschen für den Umwelt- und Naturschutz, legt eine Umfrage der taz unter den Hamburger Verbänden nahe.

Das Wachstum des NABU hat nach Ansicht von dessen Sprecher Bernd Quellmalz mehrere Gründe. Professionelle, vom Nabu geschulte Teams stehen in Supermärkten und Einkaufsstraßen, um neue Mitglieder zu werben. Sie mit Drückerkolonnen zu vergleichen, sei falsch, sagt Quellmalz. Denn wer im Verein sei, könne „jederzeit kündigen“. Vor zwei Jahren hat man zudem begonnen, Mitglieder neue Mitglieder werben zu lassen, wodurch Punkte und Prämien erworben werden können.

Dazu kommen die Veranstaltungen: „Wir haben ein riesiges Angebot an Führungen“, sagt Quellmalz. 1999 legte der NABU erstmals einen halbjährlich erscheinenden Veranstaltungskalender auf und machte vor zwei Jahren eine handliche Broschüre im Faltblatt-Format daraus. Gerade die Veranstaltungen sorgen für Präsenz in der Öffentlichkeit, und wer daran teilnimmt, wird auf eine Mitgliedschaft angesprochen. Und wer einmal teilgenommen habe, vermutet Quellmalz, werde wiederum andere dafür interessieren.

Bei bestimmten Veranstaltungen – etwa dem Sommerfest im Duvenstedter Brook oder den „Vogelkundlichen Tagen in der Wedeler Marsch“ – sei der Zulauf enorm. „Wir versuchen, die Menschen dort abzuholen, wo sie sind“, sagt Quellmalz. Schließlich setzt der NABU darauf, Interessierte mit Hirsch und Vogel in Kontakt zu bringen – sei es mit dem Vogelhäuschen im eigenen Garten oder einer Führung durchs Naturschutzgebiet. Das Mühlenberger Loch oder die Elbvertiefung dagegen, findet Quellmalz, „das sind alles Themen, für die man die Leute wenig begeistern kann“.

Horst Betram vom Botanischen Verein findet die am kaufmännischen Vorgehen orientierte Strategie des NABU richtig. „Es hängt daran, wie viel man in Werbung investiert“, sagt er. Sein eigener, weitaus kleinerer Verein veranstaltet ebenfalls Führungen und Vorträge, verzeichnete aber eher weniger Zulauf als früher.

Ähnliches gilt für die winzige „Gesellschaft für ökologische Planung“ (GÖP), die sich vor allem um praktische Naturschutzarbeit wie die Entwicklung und Pflege von Biotopen kümmert. Während der Zulauf an ehrenamtlichen Helfern schwinde, erfreue sich das Naturschutz-Informationshaus in der Boberger Niederung wachsenden Zuspruchs, sagt Torben Piel von der GÖP. Hierher kämen vor allem Rentner und Wandergruppen. Mit dem Nachwuchs sehe es dagegen mau aus. Das höre er auch von anderen Verbänden.

Der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) führt als Grund für die Stagnation seiner Mitgliederzahlen den wirtschaftlichen Wandel an. „Wir haben extrem hohe Stornoraten“, sagt Sprecher Paul Schmid, „mit der Begründung, dass die Leute kein Geld mehr haben.“ Drohende Arbeitslosigkeit, steigende Energiepreise – die Leute sagten ausdrücklich: „Das ist im Moment unser größtes Problem.“