Over The Rainbow

Schwule Männer haben sich stets gern mit Frauen identifiziert – vor allem in Zeiten, in denen Homosexuelle absolut verpönt und moralisch nicht akzeptabel waren, also fast immer. Die Diva und ihr Pendant, das Aschenputtel, die in Staub getauchte Schönheit, beide am liebsten in einer Figur: Sie mochten die „Verzauberten“ (amerikanischer wie deutscher Ausdruck für die Unaussprechlichen) sehr.

Frauen, die unter Scheinwerfern wie unter einer Krone über das patriarchale Prinzip triumphierten (und als Ausnahmen es ja wiederum nur stabilisierten). Judy Garland („Somewhere Over The Rainbow“ aus dem Film „Der Zauberer von Oz“), Billie Holiday, Mae West, Greta Garbo, Marlene Dietrich, Josephine Baker oder Edith Piaf – das waren echte Ikonen der (nicht nur) amerikanischen Homosexuellen: stark, verletzlich, tapfer, durchsetzungsfähig: So wie sie selbst gern sein wollten (und oft mit deren Hilfe auch wurden).

Die Generation der Ikonen der Sechziger bis Achtziger kannte vor allem sie: Barbra Streisand, Dusty Springfield, Bette Midler, in Deutschland Frauen wie Caterina Valente, Marianne Rosenberg, Hildegard Knef, Nina Hagen und Vicky Leandros. Seit einem Vierteljahrhundert freilich gibt es auch offen homosexuelle Künstler und Künstlerinnen, die Regenbogencommunity ist nicht mehr auf (heterosexuelles, aber queer umzudeutendes) Vorbildmaterial allein angewiesen.

Zu ihnen gehören: Melissa Etheridge, k.d. Lang, Ellen DeGeneres, Jimmy Somerville, Freddie Mercury, Boy George, Elton John, Ru Paul, auch SportlerInnen wie Mark Tewksbury, Greg Louganis oder Martina Navratilova, wie auch in Deutschland die Schauspielerinnen Maren Kroymann oder Ulrike Folkerts waren und sind Vorbilder der Homo-Community.

Auch Homo-Ikonen haben eine Halbwertszeit: Zarah Leander, Leni Riefenstahl oder, jüngeren Datums, Heidi Brühl verkörperten für ihre Zeit etwas, das jüngere Schwule nur mit Mühe als besonders verehrungswürdig nachvollziehen können. Alte Fans jedoch sind meist treu, zum Segen der alternden Künstlerinnen. JAF