Stadtumbau in F-hain

Die letzte große Freifläche in Friedrichshain soll bebaut werden – die AnwohnerInnen fordern erfolgreich Mitsprache ein

■ Kiezspaziergang Informationstour, einmal rund um das Freudenberg-Areal Wann: Samstag, 6. April Start: 14 Uhr, am Lidl Parkplatz in der Boxhagener Straße

■ Beteiligungsverfahren Drei thematische Veranstaltungen: 9. April, Wohnen 16. April: Grünflächen 25. April Schulen/Kitas Jeweils um 18.30 Uhr in der Schule am Traveplatz, Jessnerstraße 24

Im Netz: block74.traveplatz-berlin.de

Wer in Berlin in großem Stil bauen will, hat zur Zeit nichts zu lachen. Ob A 100, Mediaspree oder Tempelhofer Flugfeld – an allen Ecken der Stadt melden sich AnwohnerInnen zu Wort. Ihre Forderungen lauten immer gleich: Statt einer Stadtgestaltung von oben wollen sie mitbestimmen über das, was in ihren Kiezen passiert. In Friedrichshain-Kreuzberg formiert sich im Augenblick der Protest gegen ein weiteres Großprojekt. Inmitten des Südkiezes sollen auf dem Freudenbergareal, 550 neue Wohnungen entstehen. Die Brache mit der Größe von zwei Häuserblocks liegt an der Boxhagener Straße.

Eine AnwohnerInnen-Initiative will das Projekt nun stoppen. Sie stören sich nicht nur an dem geringen Anteil bezahlbaren Wohnraums: Gerade mal 40 Wohnungen sollen zu einer Kaltmiete von 5,50 Euro vergeben werden. Die restlichen Wohnungen sollen zur Hälfte verkauft oder zum Preis von 9 bis 12 Euro vermietet werden. Auch dass nicht genug Grünflächen und Platz für öffentliche Infrastruktur wie Schule, Kita und Bibliothek in den Plänen des Käufers Bauwert Investment Group veranschlagt worden sind, sorgt für Unmut. Der Bürgerverein Travekiez-Ostkreuz, der den Protest mitinitiiert hat, gibt an, dass in dem ehemaligen Sanierungsgebiet zwei Drittel der vorgeschriebenen Grünflächen fehlen. Auf dem Areal sind derzeit 3.600 Quadratmeter für öffentliche Plätze vorgesehen. „Die Grünflächenversorgung ist mangelhaft und die Baumasse ist viel zu hoch“, sagt Carsten Joost von der Initiative.

Im April mobilisieren die AktivistInnen nun zu Protestaktionen und Diskussionsveranstaltungen. Am 6. April soll ein „Blockspaziergang“ stattfinden, bei dem das Gelände besichtigt werden soll. Ab dem 9. April finden zudem wöchentlich runde Tische statt, auf denen die Themen, bezahlbarer Wohnraum, Grünflächen und öffentliche Einrichtungen diskutiert werden sollen. Zu den Treffen sind neben den AnwohnerInnen der Bürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, Franz Schulz, der Staatssekretär der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Ephraim Gothe, und der Investor geladen. Die runden Tische werden vom Bezirk organisiert und sind öffentlich.

Mit den Aktionen hoffen die AktivistInnen an die Erfolge der letzten Monate anknüpfen zu können. Dass die BürgerInnen überhaupt angehört werden und sogar die Möglichkeit haben, sich aktiv in die Gestaltung des Geländes einzubringen, geht auf ihr Engagement zurück. Ohne ihr Bemühen wären die aktuellen Pläne wahrscheinlich einfach in der Bezirksverordnetenversammlung durchgewunken worden. Den Ausschlag gab ein Antrag der Piraten-Partei, der später auch von den Grünen aufgegriffen wurde. Das Resultat ist, dass dem Bebauungsbeschluss nun ein Bürgerbeteiligungsverfahren vorgeschaltet wird. Die runden Tische im April sind Teil dieses Verfahrens, bei dem versucht werden soll, einen Konsens zu finden. Je nachdem zu welchem Ergebnis man dort kommt, werden die Resultate aus den Diskussionen im Bebauungsplan berücksichtigt. „Das Areal birgt die letzte große Chance für Friedrichshain. Man muss hier gut überlegen“, sagt Rolf Tramp von der Initiative.

Friedrichshain-Kreuzbergs Bezirksbürgermeister Franz Schulz zeigt sich gesprächsbereit. Er hebt hervor, dass in den Plänen des Investors eine Kitafläche, zwei öffentliche Plätze und dauerhafte Sozialwohnungen vorgesehen sind. Zugleich geht er davon aus, dass nicht alle Defizite des Kiezes mit dem Grundstück gelöst werden können, und betonte die Gesprächsbereitschaft des Investors. Er freut sich aber über das Interesse in der AnwohnerInnenschaft: „Das ist ein gutes Zeichen“, findet Herr Schulz. LUKAS DUBRO