Umwelt kostet Bauern wenig

AGRARSTUDIE Ein ostdeutscher Ackerbaubetrieb muss nur 19 Euro pro Hektar für die relativ hohen EU-Umweltnormen ausgeben. Das ist viel weniger, als er an Subventionen erhält

VON JOST MAURIN

Wenn der konservative Deutsche Bauernverband die hohen Agrarsubventionen rechtfertigen will, weist er gern auf einen Wettbewerbsnachteil seiner Klientel hin: Die Landwirte müssten höhere Umweltstandards erfüllen als ihre Konkurrenten außerhalb der Europäischen Union, heißt es. Das verursache Kosten, und die wollten die Landwirte vom Staat ersetzt bekommen. Schon deshalb seien Direktzahlungen etwa in der bisherigen Höhe legitim. Insgesamt erhalten die Bauern jährlich dafür rund 41 Milliarden Euro.

Doch dieses Argument sehen das Umweltbundesamt und kritische Landwirte durch eine jetzt bekannt gewordene Studie des Johann Heinrich von Thünen-Instituts widerlegt. Wissenschaftler dieses Forschungsinstituts, das dem Bundesagrarministerium unterstellt ist, haben ausgerechnet, wie viel ein typischer ostdeutscher Ackerbaubetrieb tatsächlich für Umweltauflagen ausgibt, die es etwa in der Ukraine nicht gibt. Das osteuropäische Land schreibt keine Normen vor. Das Ergebnis: Die Umweltkosten betragen nur rund 19 Euro pro Hektar. Dabei erhalten die deutschen Bauern an Direktzahlungen derzeit rund 350 Euro pro Hektar.

Am meisten kostet einen Beispielbetrieb in der Magdeburger Börde, dass er drei Meter um ein Gewässer herum nicht düngen darf. Das soll verhindern, dass zu viele Nährstoffe beispielsweise in Flüsse geraten und so deren biologisches Gleichgewicht durcheinanderbringen. Deshalb fällt die Ernte etwa von Raps niedriger aus – aber nur um sieben Euro pro Hektar. Noch günstiger sind die Ausgaben für besonders sichere Lagerstätten für Pestizide und naturschutzrechtliche Einschränkungen – zum Beispiel, dass Hecken am Feldrand stehen müssen.

Für „alle deutschen Ackerbaubetriebe“, darauf weisen die Autoren hin, gelten die Ergebnisse „selbstverständlich nicht“. Aber die Größenordnung stimme weitgehend mit den Daten aus anderen Untersuchungen überein. Fest steht deshalb: Die deutschen Landwirte bekommen im Schnitt deutlich höhere Direktzahlungen, als sie für die Umwelt ausgeben.

„Die Höhe, die diese ausgleichende Pauschale hat, ist nicht mehr durch die unterschiedlichen Umweltstandards wichtiger Wettbewerber gedeckt“, sagt der Präsident des Umweltbundesamts, Jochen Flasbarth, der taz. Die Direktzahlungen könnten zugunsten von Subventionen für Umweltmaßnahmen zurückgefahren werden. Auch Ulrich Jasper, Geschäftsführer der ökologisch orientierten Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, verlangt eine Umverteilung.

Der Bauernverband weist solche Forderungen zurück. „Man kann nicht nur auf einen Ackerbetrieb schauen, denn die EU macht auch viele Vorschriften für die Tierhaltung“, sagt Agrarpolitikreferent Udo Hemmerling. Außerdem sollten die Subventionen nicht nur hohe Umweltstandards, sondern auch Kosten etwa für Sozialleistungen ausgleichen.