Studenten gegen Ernst Moritz Arndt

UNIVERSITÄT In Mecklenburg-Vorpommern soll eine Hochschule ihrem Namenspatron abschwören

HAMBURG taz | Die Stimmzettel müssen schon nachgedruckt werden, so groß ist der Andrang. Eine Studenteninitiative lässt in Greifswald darüber abstimmen, ob der Name der „Ernst Moritz Arndt Universität“ geändert werden soll. „Die Beteiligung ist enorm“, sagt Sebastian Jabbusch, Sprecher der Studenten-Initiative „Uni ohne Arndt“. Eine Prognose möchte er der taz nicht geben. Am späten Freitagnachmittag liegt vielleicht das Ergebnis vor, hofft der 26-jährige Politik-Student.

Seit 2009 fordert die Initiative die Ablegung des Namens. Denn der Schriftsteller und Historiker Arndt hegte antisemitische und völkisch-nationalistische Vorstellungen. Arndt, der 1860 verstarb, erklärte frank und frei: „Die Deutschen sind nicht durch fremde Völker verbastardet“, wetterte gegen „die Franzosen“ und schimpfte über „die Juden“, die an der Zersetzung der deutschen „Vaterlandsliebe und Gottesfurcht“ arbeiten würden.

Aktivisten-Sprecher Jabbusch betont: „Wir wollen Arndt nicht historisch bewerten. Wir müssen uns jedoch fragen, ob der Namensgeber heute als Vorbild noch tragbar ist.“ Den umstrittenen Namen erhielt die über 550 Jahre alte Universität erst 1933 durch den damaligen preußischen Ministerpräsidenten Hermann Göring. Nach 1945 legt sie den Namen ab. In der DDR wurde Arndt aber wiederentdeckt – als Kämpfer gegen Feudalismus. Galt er doch nun auch wegen seines Sitzes in der Nationalversammlung in der Paulskirche als „nationaler Patriot“.

Über 12.000 Studenten in der mecklenburg-vorpommerischen Stadt mit rund 27.000 Einwohnern sind zur Abstimmung gerufen. Die Initiative erlebte nicht bloß von der rechtsextremen Szene massive Anfeindungen. „Etliche Beschimpfungen und böse Briefe aus allen Milieus erreichten uns“, sagt Jabbusch. Die Debatte bewirkte aber bereits, dass der Universitätssenat eine Namenskommission einsetzte. Eine Entscheidung kann die Studenten-Umfrage nicht erzwingen. „Entscheiden wird allein der Senat“, sagt der Pressesprecher der Universität, Jan Meßerschmidt. Im März soll die Universitätsleitung eine Entscheidung fällen – für oder gegen Arndt. ANDREAS SPEIT