Himmelsblick und Nahaufnahme

HEIMATFILM „Die Elbe von oben“ von Marcus Fischötter ist eine Schönwetter-Dokumentation, in der nach neuester Technik gedrehte Luftaufnahmen mit Porträts von typischen Bewohnern montiert wurden

VON WILFRIED HIPPEN

Vor knapp zwei Jahren hatte die Dokumentation „Die Nordsee von oben“ in den Programmkinos der Region und später dann als DVD einen überraschend großen Erfolg. Das einfache Konzept einer filmischen Reise von Emden nach Sylt wurde dadurch so reizvoll umgesetzt, dass der Film ausschließlich aus Luftaufnahmen bestand, die von einem Helicopter mit einer speziellen Kamera gemacht wurden, die auch aus großen Entfernungen erstaunlich scharfe Aufnahmen in HD-Qualität aufnimmt. Das Gerät kann zudem ganz ähnlich wie die Steadycam auf den Schultern vieler Kameramänner die Ruck- und Schüttelbewegungen des Hubschrauber ausgleichen, wodurch Bilder aus einer ruhig schwebenden Perspektive und fließende Schwenks möglich sind.

So hatte man die Nordseeregion noch nie gesehen. Doch selbst wenn sich der Film den Tieren und Menschen mit einigen spektakulären Zooms annäherte, blieb er doch zwangsläufig immer auf Distanz und dieses dramaturgische Manko konnten die Filmemacher Silke Schranz und Christian Wüstenberg auch mit einem launig in norddeutschem Zungenschlag eingesprochenen Kommentar nicht kaschieren. In diesem Sinne ist „Die Elbe von oben“ nicht nur eine Fortsetzung, sondern eine Verbesserung des ursprünglichen Konzeptes. Auch hier gibt es die gestochen scharfen und immer bei schönem Wetter aufgenommen Luftaufnahmen von Dörfern, Städten und Landschaften, die Klaus Stuh, der auch schon bei Vorläufer mitgearbeitet hatte, mit dem Cinelex-System aufnahm. In „Die Elbe von oben“ werden diese Bilder aber von Aufnahmen auf ebener Erde ergänzt, für die der Kameramann Michael Dreyer zum Kontrast möglichst nah und detailreich einige typische Bewohner und Tiere der Regionen fotografiert hat.

Gerne schneidet der Regisseur Marcus Fischötter dabei direkt vom einem Zoom aus der Luft auf eine Nahaufnahme vom gleichen Protagonisten, um so die beiden Bildebenen möglichst nahtlos zu verbinden. Diesmal geht die Reise von Schnackenburg bis Neuwerk – die Filmemacher lassen also Dresden und Magdeburg links liegen, was wohl auch damit zu tun hat, dass die Elbe in ihrem Unterlauf deutlich mehr Touristen anlockt. So wird die DVD in Hitzacker und Lauenburg zweifellos zu einem beliebten Mitbringsel werden.

Das Norddeutschland des Films ist sommerlich und wirkt immer schön aufgeräumt, doch Fischötter findet immerhin auch in Gorleben, Krümel und Brokdorf Protagonisten, die vom Widerstand gegen die Atomkraft erzählen. Er zeigt Naturfreunde auf der Suche nach den seltenen Elbbibern und Seeadlern und weil er sich immer auf einen Hauptprotagonisten konzentriert, liefert er nebenbei auch eine Reihe von kleinen Porträts von Bewohnern der Region. So besucht er den Betreiber einer kleinen Elbfähre bei der Arbeit, zeigt wie Binnenschiffer leben, die ständig Ladung von Magdeburg nach Hamburg und wieder zurück transportieren und lässt eine junge Schiffsführerin davon reden, wie stolz sie darüber ist, dass sie eine der wenigen Frauen ist, die einen Schlepper im Hamburger Hafen lenkt. Eher kurios wirkt dagegen ein Fotograf in Blankenese, der als „Schiffspotter“ den Ehrgeiz hat, möglichst von jedem Schiff, das Hamburg anläuft, Bilder zu machen. Dazu hat er sich eine riesige Kartei aufgebaut und eine Webcam an der Elbe installiert – woher diese Besessenheit kommt, bleibt sein Geheimnis.

Fischötter hat einige interessante Menschen mit interessanten Geschichten gefunden. So erzählt etwa der Bürgermeister von Rüterberg, das heute ein Ortsteil von Dömitz ist, wie in der DDR sein direkt an der Grenze liegende Heimatörtchen von den Grenztruppen abgeriegelt wurde. 1989, einen Tag vor der Grenzöffnung, rebellierten die Ortsbewohner und riefen die Dorfrepublik Rüterberg aus. Bei solchen historischen Geschichten setzt Fischötter auch sparsam Filmausschnitte aus Archiven ein, aber ansonsten bleibt er bei der sauberen Teilung zwischen sonnigen Luftaufnahmen und im Stil einer Fernsehreportage gefilmten Episoden.