Schlimm oder schlimmer für Zypern

KRISE Die Eurogruppe sucht verzweifelt einen Ausweg für den Pleitestaat. Doch Finanzminister Schäuble stellt immer neue Hürden auf

In Brüssel glauben viele, dass dass Schicksal der Insel einseitig in Berlin entschieden wird

AUS BRÜSSEL ERIC BONSE

Für Zypern wird es schlimm – oder noch schlimmer. Das war der einzige Punkt, bei dem sich die Euroretter vor dem Beginn ihrer ultimativen Krisensitzung am Sonntag in Brüssel einig waren. Die Mittelmeerinsel wird entweder pleitegehen – oder sie muss ihr umstrittenes „Geschäftsmodell“ als Finanzparadies aufgeben.

In beiden Fällen dürfte dies auch den Rest Europas erschüttern. Schon gestern führte das zu Nervosität. Noch bevor Finanzminister Wolfgang Schäuble in Brüssel eintraf, entlud sich eine geballte Ladung Zorn über den CDU-Politiker. Es sei eine Anmaßung, anderen Ländern das Geschäftsmodell vorschreiben zu wollen, wetterte Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn. Luxemburg hat genau wie Zypern einen aufgeblähten Bankensektor – und fürchtet nun, Berlin könne ein Exempel statuieren. Schäuble habe den Zyprern „die Pistole an den Kopf“ gesetzt, empörte sich auch Maltas Finanzminister Edward Scicluna.

Beim letzten Treffen der Euroretter vor einer Woche habe der deutsche Kassenwart ultimativ gefordert, die Überweisungen von und zu zyprischen Banken einzustellen. Das geschah dann auch – seither ist das Bankensystem der Insel lahmgelegt. Und in Brüssel glauben nun viele, dass das Schicksal der Insel nicht gemeinsam in der EU, sondern einseitig in Berlin entschieden wird.

Selbst EU-Währungskommissar Olli Rehn scheint sich vor Schäuble zu fürchten. „Es ist ganz entscheidend, dass sich die Eurogruppe am Sonntagabend in Brüssel auf ein Hilfsprogramm für Zypern einigt“, sagte der Finne. Es gebe nun „keine optimale Lösung mehr“.

Denn Schäuble hat immer neue Hürden aufgestellt. Erst spielte er auf Zeit und stellte die „Systemrelevanz“ Zyperns für den Euroraum in Frage. Als klar wurde, dass die EU einspringen muss, forderte Schäuble plötzlich eine Eigenbeteiligung der Insel an ihrer „Rettung“. Stolze 5,8 Milliarden Euro sollen die Zyprer selbst aufbringen – obwohl sie bekanntlich pleite sind. Wie diese Zahl zustande kommt und ob sie verhandelbar ist, wurde nie geklärt. Klar ist nur, dass die Uhr tickt: Denn die Europäische Zentralbank (EZB) stellte ein ungewöhnliches Ultimatum: Bis zum heutigen Montag um Mitternacht muss die Regierung in Nikosia einem Hilfsplan zustimmen – sonst werden die Stützungszahlungen an die Banken eingestellt. Da auch sie klamm sind und der Staat haftet, wäre Zypern binnen Stunden pleite. Damit dies kein Erdbeben in der Eurozone auslöst, plant die EZB eine noch nie erprobte Maßnahme: Sie will Kapitalkontrollen einführen, damit Bankkunden nicht über Nacht ihr Geld von der Insel abziehen. Wie ernst die Lage ist, zeigte gestern eine weitere überraschende Entscheidung: Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem wurde entmachtet, die Leitung der Krisensitzung übernahm EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy.

Mehrmals sprach er in Brüssel mit Zyperns Präsident Nikos Anastasiades. Unter anderem geht es um eine Zwangsabgabe der Konten von Zyperns größtem Geldinstitut, der Cyprus Bank. Dort sollen russische Oligarchen Milliarden geparkt haben. Ob der geplante Zugriff auf die Konten reicht, um Schäuble und die übrigen Finanzminister zu besänftigen, war jedoch völlig offen. „Die Gespräche sind in einer heiklen Phase, die Situation ist sehr schwierig“, warnte Zyperns Regierungssprecher Christos Stylianides.