taz-Korrespondent festgenommen

China-Korrespondent Georg Blume wird bei Recherchen von der Polizei festgenommen und kommt nach fünfstündigem Verhör und Unterzeichnung einer Erklärung wieder frei

BERLIN taz ■ Der China-Korrespondent von taz und Zeit, Georg Blume, ist gestern Morgen in der zentralen Provinz Henan von der Polizei festgenommen worden. Dies berichtete Blume nach seiner fünf Stunden später erfolgten Freilassung der taz. Er hatte im Dorf Huagmengying über die von der Lianhea-Fabrik für Geschmacksverstärker ausgehende Wasserverseuchung recherchiert. Dort starben laut Blume von den 2.400 Einwohnern bereits 120 an Krebs.

Während Blume am Donnerstag unbehelligt mit Dorfbewohnern und Umweltschützern sprechen konnte, wurde er gestern Morgen von der Polizei beschattet. Darauf sagte er weitere Gespräche ab. An einer Autobahnzahlstelle nahmen ihn dann Polizisten in Zivil fest. Sie brachten ihn erst auf eine Polizeiwache und dann in ein Hotel in der Kreishauptstadt Shenqiu. Dort wurde er immer wieder verhört. Die Polizei warf ihm illegale Recherchen vor. Schließlich wurde Blume, der nach eigenen Angaben höflich behandelt wurde, wieder freigelassen. Zuvor musste er ein Papier unterzeichnen, dass er ohne Erlaubnis der lokalen Behörden recherchiert hatte. Noch gestern kehrte er nach Peking zurück.

Er ist bereits das zweite Mal, dass Blume bei für lokale Behörden unangenehmen Recherchen in China kurzzeitig festgenommen wurde. Im April 2002 war er in der nordöstlichen Stadt Daqing drei Stunden verhört worden, als er über einen Ölarbeiterstreik berichten wollte.

Beide Fälle zeigen die schwierigen Arbeitsbedingungen von Korrespondenten in China. Denn sie benötigen für Recherchen eigentlich jeweils eine Genehmigung der lokalen Behörden. Das dauert oft Wochen, sofern die Genehmigung überhaupt erteilt wird. Über aktuelle wie politisch brisante Fälle kann so legal nicht berichtet werden. Deshalb arbeiten die Reporter meist ohne Genehmigung, was von dem für ihre Akkreditierung zuständigen Außenministerium auch geduldet wird. Problematisch sind weiterhin Recherchen, die als ein nicht näher definierter Verrat von Staatsgeheimnissen ausgelegt werden können. Doch während ausländische Journalisten dabei schlimmstenfalls ausgewiesen werden, drohen ihren einheimischen Kollegen und Informanten langjährige Haftstrafen. SVEN HANSEN