Boote unter südlicher Sonne

Was sich Eltern wünschen und wie sie Kinder damit nerven: eine Tochter, 14, erzählt

Ich müsste dringend in die Stadt, um für meine lieben Verwandten einzukaufen. Aber mit den ganzen anderen In-der-letzten-Minute-Käufern… Ach nein, da übe ich mich lieber im Brainstorming. Man kann sich ja nicht so ganz plan, mittel- und motivationslos ins Gewühle stürzen.

Mit meinen Eltern ist es am schwierigsten. Denen hab’ ich bis jetzt eigentlich zu jedem Anlass ein Bild gemalt. Sie wünschen sich nämlich immer etwas selber Gemachtes – und da ich nicht mal eine Papierfigur ausschneiden kann, ohne sie zu ruinieren, bleibt mir nur Zeichnen zur Vorgabe künstlerischen Talents. Die Ideen werden jedoch mit jedem Jahr rarer und mir erscheint es kindisch und kitschig, zum fünften Mal ein Boot mit südspanischer Sonne dahinter zu malen. Langweilig wird es auch. Gute Bücher, ein Wellnessgutschein oder so etwas in der Art übersteigen aber mein Budget.

Auf die Frage, was sie sich denn außer selbst Gemachten zu Weihnachten wünschen, lautet die Antwort meist: „ein liebes Kind, das im Haushalt hilft.“ Das ist dann doch eine sehr, sehr große Bitte und kaum einzuhalten. Ich will etwas Handfestes, etwas, das man einpacken kann.

Zum Geburtstag habe ich meinem Vater deshalb Schokolade geschenkt. Aber immer Schokolade? Das ist noch einfallsloser als Bilder malen. Ein Kalender mit Familienfotos ist natürlich das beste aller Weihnachtsgeschenke – nur dass ich das schon ein paar Mal getan hab’.

Am nächsten Tag zieht mich meine Freundin mit verzweifeltem Gesicht zur Seite. Sie wollte ihrem Vater gestern ein Zigarillokästchen kaufen, doch der Ladenbesitzer war nicht gewillt, es ihr zu geben. Sie fragt mich schon leicht hysterisch, weil es nur noch zwei Wochen bis Heiligabend sind, um Rat und ich sage: „Mal doch was.“ Kann sie nicht, und ihre Eltern mögen keine selbst Gemachten Sachen.

Dieses Schenken, Verschenken und wer wem was schenkt – das macht eigentlich nur Stress und schlechte Laune. Ich sitze nämlich unzufrieden zu Hause und da sich meine Gehirnzellen verabschiedet haben, tue ich was? Ich male ein Bild. Frohes Fest. Josephine Doepner