KOMMENTAR VON ULRIKE HERRMANN ZUR ZYPERN-KRISE
: Peanuts für die Insel

Die falsche Entscheidung in Zypern macht die Eurokrise zur Dauerkrise

Zypern ist so winzig – kaum zu fassen, dass diese Insel jemals so wichtig werden konnte. Rund 16 Milliarden Euro werden dort benötigt, was viel klingt, aber für Deutschland nur etwa 5 Milliarden bedeuten würde. Anders als in hiesigen Medien gern dargestellt, müsste nämlich nicht nur der „deutsche Steuerzahler bluten“, sondern die gesamte Eurozone.

Natürlich ist es unschön, 5 Milliarden Euro herauszurücken. Aber es wäre nur ein einmaliger Kredit, keine laufende Zuwendung. Dies machte die Zypernhilfe billig im Vergleich zu den Unsinnsprojekten, die die schwarz-gelbe Koalition schon beschlossen hat. Allein das Betreuungsgeld könnte mit 2 Milliarden Euro zu Buche schlagen; und die Mehrwertsteuerentlastung für die Hoteliers kostet ebenfalls eine ganze Milliarde – und zwar beides jährlich.

Deutschland hat also viel Geld übrig. Doch bei Zypern will man nun ein Exempel statuieren und einen Teil des benötigten Geldes bei den Bankkunden einsammeln. Diese Idee ist brandgefährlich, weil die europäischen Sparer lernfähig sind. Künftig werden sie jedes Mal frühzeitig ihre Konten räumen, sobald sich in einem Land Probleme anbahnen – und damit die Banken in den Abgrund stürzen. Die falsche Entscheidung in Zypern macht die Eurokrise zur Dauerkrise.

Es handelt sich also um eine interessante Konstellation: Die Gefahren sind riesig und die Kosten gering. Die Zyprer haben als Erste bemerkt, dass dies ein immenses Erpressungspotenzial birgt. Die Chancen, dass sie eine verbesserte Verhandlungslösung erreichen würden, wenn sie auf stur schalten, standen gut. So war es nur konsequent, dass kein einziger Abgeordneter in Nikosia der Enteignung der Bankkunden zugestimmt hat.

Jetzt läuft der Test, wer die stärkeren Nerven behält. Die Eurozone pumpt sich zwar auf, ist aber schwach munitioniert, was sich daran zeigt, dass sie eine einzige Drohung permanent wiederholt: Sollte Nikosia nicht kuschen, würde die EZB ihre Notkredite an die zyprischen Banken stoppen – sodass diese unkontrolliert zusammenbrächen.

Das klingt drakonisch, ist aber ambivalent. Denn bei einem „unkontrollierten“ Crash würde auch die Eurozone unkontrolliert getroffen. Es würden also nicht nur Zyprer leiden, sondern auch Deutsche.

Und das weiß man in Nikosia natürlich genau.