Gewalt im Kreuzberger Flüchtlingshaus: "Die Schule ist kein Hort der Kriminalität"

In besetzter Schule wird ein Flüchtling schwer verletzt - offenbar von Mitbewohnern. Der Kreuzberger Stadtrat Hans Panhoff warnt jedoch vor einer Dramatisierung.

Polizisten auf Spurensuche in der von Flüchtlingen besetzten ehemaligen Schule in Berlin-Kreuzberg. In der Nacht zu Donnerstag soll hier ein Flüchtling von Mitbewohnern niedergestochen worden sein. Bild: dpa

taz: Herr Panhoff, ein Flüchtling aus der besetzten Schule in der Ohlauer Straße wurde schwer verletzt, offenbar von Mitbewohnern. Wie reagiert Ihr Bezirksamt darauf?

Hans Panhoff: Dass sowas passiert, ist natürlich bedauerlich. Jetzt müssen wir erstmal rausbekommen, was genau vorgefallen ist. Man muss aber auch sagen: Messerstechereien passieren in dieser Stadt jeden Tag, an allen möglichen Orten. Und wenn man weiß, unter welchen schwierigen Bedingungen die Flüchtlinge hier leben, dass sie nicht arbeiten dürfen, teilweise traumatisiert sind, staunt man fast, dass es doch relativ ruhig ist.

Die Flüchtlinge berichten, es komme immer wieder zu Gewalt in der Schule.

Ein solch schweren Vorfall gab es davor erst einmal. Unser Eindruck ist, dass es in der Schule verhältnismäßig ruhig ist. Man muss da jetzt Augenmaß behalten, bevor man einen Hort der Kriminalität ausruft.

Ihr Bezirk duldet die Besetzung. Haben Sie dann nicht die Pflicht, auch für die Sicherheit der Bewohner zu sorgen?

Sie sagen es selbst: Es ist immer noch ein besetztes Haus. Wir haben das nicht vermietet und betreiben da auch kein Flüchtlingsheim. Aber ich denke schon, dass wir nach diesem Vorfall schauen müssen, ob die Strukturen dort so bleiben können.

56, ist als Baustadtrat in Friedrichshain-Kreuzberg auch verantwortlich für Immobilien.

Was heißt das?

Es ist ein gutes Zeichen, wie ungestört die Polizei nach der Tat ihre Arbeit machen konnte. Letztlich müssen sich die Bewohner selbst so organisieren, dass sie miteinander leben können.

Sie waren persönlich wiederholt zu Verhandlungen im Haus. Was ist der Stand?

Derzeit gestaltet sich die Kommunikation schwierig. Wir müssen sicherstellen, dass das, was wir bereden, auch zu allen durchdringt und nicht nur zu ein paar Wortführern. Bisher sprechen wir immer noch über ganz pragmatische Dinge wie Haustechnik und Reparaturen. Viel weiter sind wir noch nicht gekommen. Das gibt uns natürlich auch zu denken.

Gibt es einen Punkt, an dem von Ihrer Seite die Verhandlungen beendet würden?

Wenn wir nicht weiterkommen, müssten wir natürlich die Strategie verändern. Aber noch sind wir im Gespräch. Unser Ziel ist, dass wir uns bis Jahresende darauf verständigen, was aus dem Haus wird. Dann gehe ich davon aus, dass nach dem Winter die Umsetzung beginnt.

Ihr Bezirk wollte schon vor Monaten ein Projektehaus einrichten. Ohne die Flüchtlinge?

Es kann dort durchaus auch Wohnanteile geben, auch für Flüchtlinge, aber es wird kein ausschließliches Wohnhaus, sondern ein soziales und kulturelles Zentrum für den Kiez. Dafür müssen die heutigen Bewohner aber erstmal gehen, das ist richtig.

Die aber wollen bisher bleiben, ihr Bezirk nicht räumen. Was nun?

Der Bezirk hat sich auf den Verhandlungsweg festgelegt und dabei sind wir.

Derzeit klagen die Bewohner, sie würden alleine gelassen: Duschen, Lebensmittel und Schlafstätten fehlten.

Ich habe immer gesagt und dabei bleibt es auch: Wir richten da kein Wohnheim ein. Wir kümmern uns darum, dass dieses Haus aufrecht erhalten wird, sorgen für Heizung, Technik und Toiletten. Wir würden auch Anschlüsse für Duschen legen, aber wir selbst bauen keine ein. Eben weil wir dort keine Wohnungen einrichten.

So aber bleiben die Probleme der Flüchtlinge.

Wir sorgen für das Notwendigste, werden für den Winter nochmal die Fenster verglasen, auch Putzmittel sind auf dem Weg. Aber die Bewohner müssen sich eben auch kümmern. Da fehlt bisher einiges an Verantwortung und Verlässlichkeit.

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