Christian Buss Der Wochenendkrimi
: Arg bemühte Standortpflege

Das Ruhrgebiet ist in den Krimis des WDR zuletzt ganz schön ins Abseits geraten. Schimanski aus Duisburg kommt nur noch alle Jubeljahre von seinem Hausboot herunter, und die Kollegen von den „Tatort“-Revieren in Köln und Münster machen eigentlich keine Abstecher in den einstigen Kohlenpott. Doch pünktlich zum Beginn des Jahres, in dem Essen als Europäische Kulturhauptstadt fungiert, schauen jetzt immerhin die Kölner Kommissare Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Schenk (Dietmar Bär) bei den Nachbarn im Norden vorbei.

Dramaturgisch wirkt die Standortpflege allerdings arg gezwungen – ein klarer Fall von öffentlich-rechtlicher Fernsehdiplomatie. Oder wie ließe sich sonst eine derart unverbindliche Story rechtfertigen: Ermittler Ballauf ging einst in Essen zur Schule und wird nun von einer damaligen Flamme (Karoline Eichhorn) zum Klassentreffen in die alte Heimat eingeladen. Und deren Ehemann ist der Geschäftsführer der für die Umwandlung Essens zur Kulturhauptstadt verantwortlichen „RUHR.2010 Stiftung“ – die ausgerechnet mit jenem Bauunternehmer verbandelt war, der kurz zuvor in Köln ermordet aus dem Rhein gezogen wurde.

Kurzum: In „Klassentreffen“ wurde das Prinzip Zufall ein wenig überstrapaziert. Was nicht weiter schlimm wäre, wenn man wenigstens etwas über die Ruhrstadt im Strukturwandel erfahren würde. Aber in Sachen Setting ist dem „Tatort“-Vieldreher Kasper Heidelbach nicht viel eingefallen. Außer dass die Ermittler die ziemlich lange Rolltreppe in einer zum Kulturzentrum umgebauten Zeche rauf und runter fahren, passiert eigentlich nichts, was in direkter Verbindung mit den kulturellen und architektonischen Eigenheiten von Essen steht.

Und oben am Ende der Rolltreppe wartet dann auch nur ein Imbiss, in dem Currywürste verkauft werden. Da hätten Ballauf und Schenk ja gleich in Köln bleiben können.

Köln-„Tatort“: „Klassentreffen“, So., 20.15 Uhr, ARD