Papa soll länger ran

In Schweden wird über Zwangsquotierung des Elterngelds debattiert. Regierung und Gewerkschaften sind skeptisch

Es sind alte Muster, die eine weitergehende Gleichberechtigung sabotierenEine Vierfünftel-Mehrheit erklärt sich mit dem bisherigen System zufrieden

STOCKHOLM taz ■ Fünf Monate für Mama, fünf für Papa und fünf zur freien Verteilung auf beide. So sieht der Vorschlag für ein zukünftiges Elterngeld in Schweden aus. Vorgelegt hat ihn eine von der Regierung eingesetzte Kommission, die den Auftrag hatte, etwas mehr Gleichberechtigung in den bezahlten Elternschaftsurlaub zu bringen. Seit 1974 haben die Eltern selbst bestimmen dürfen, wer von beiden zu Hause bliebt. Aber in der Regel war und ist das die Mutter: Diese nimmt im Schnitt 83 Prozent des Elterngeldanspruchs wahr, die Väter begnügten sich mit 17 Prozent. Das ist zwar mehr als dreimal so viel wie in Deutschland, reicht Stockholm aber noch lange nicht.

Wenn vor allem die Frauen nach der Geburt eines Kindes zu Hause bleiben, so hat das auch mit Rücksicht auf die Haushaltskasse zu tun hat. Das Elterngeld in Schweden beläuft sich grundsätzlich auf 80 Prozent des letzten Einkommens. Und da Frauen im Schnitt deutlich weniger verdienen als Männer, schlägt ein zwanzigprozentiger Wegfall des mütterlichen Einkommens weniger zu Buche als der entsprechende väterliche.

1995 hatte man deshalb den ersten „Papamonat“ eingeführt, 2002 den zweiten. Den kann nur der Vater in Anspruch nehmen, sonst verfällt er. Zwei weitere der insgesamt 16 Monate mit Elterngeldanspruch sind spezielle „Mamamonate“. Von den zwölf frei verfügbaren nimmt der Durchschnittsschwede nur – aber immerhin – einen in Anspruch.

Die nun vorgeschlagene Quotierung will das ändern. Man hat sich dabei Island zum Vorbild genommen. Dort nehmen die Väter mittlerweile mehr als ein Drittel des Elternurlaubs, seit vor fünf Jahren eine strikte Quotierung Gesetz wurde. Drei Monate sind jeweils für Mutter und Vater bestimmt, die restlichen drei Monate können sich die Eltern aufteilen.

„Es sind die überkommenen Muster, die eine weitergehende Gleichberechtigung sabotieren“, meint der schwedische Sozialdemokrat Karl-Petter Thorwaldsson, Verfasser des jetzigen Regierungsberichts mit dem Vorschlag der drei fünfmonatigen Quoten: „Man findet keinen Politiker, keine Partei oder Organisation, die nicht dafür sind, dass Mütter und Väter sich die Zeit gerecht aufteilen. Und es scheint trotzdem so schwer, die gesetzlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen.“

Auch jetzt wird das Reformkonzept erst einmal in der Schublade landen. Offiziell, weil das Geld im Sozialbudget derzeit fehle bzw. für dringlichere Aufgaben gebraucht werde. Tatsächlich ist man sich auch im Regierungslager überhaupt nicht einig. Die Gewerkschaften sind skeptisch, weil, so Irene Wennemo vom Gewerkschaftsdachverband LO, die Zurückhaltung der Väter ja handfeste Gründe habe: „Die schlechteren Anstellungsbedingungen für Frauen verschwinden nicht einfach, wenn man quotiert.“ Der konservativen Opposition passt die ganze Richtung nicht. Man überschreite eine Grenze, inwieweit sich der Staat ins familiäre Leben einmischen sollte.

Gleichstellungsombudsman Claes Borgström ist für einen radikalen Umbau statt eines bloßen Ausbaus des Quotensystems: eine gänzliche Individualisierung des Anspruchs. Je acht Elterngeldmonate für Mama und Papa. Auch Arbeitslosen- oder Krankengeld könnten ja nicht einer anderen Person überlassen werden. Borgström: „Diskriminierung hört erst dann auf, wenn nicht mehr ans Geschlecht gebundene unterschiedliche Erwartungen seitens der Arbeitgeber die Arbeitsmarktpraxis bestimmen.“

Wenn es nach den Eltern selbst geht, so scheint das Ergebnis einer Umfrage darauf hinzudeuten, dass diese eigentlich keine weitere Quotierung als die vorhandene wünschen: Eine Vierfünftel-Mehrheit erklärt sich mit dem bisherigen System zufrieden. Borgström relativiert: „Gleichzeitig zeigen andere Umfragen einen starken Wunsch, etwas Grundlegendes an der als diskriminierend empfundenen Stellung von Frauen zu ändern.“

REINHARD WOLFF