Politik trifft Start-ups: Begegnungen auf Quittenquart

Drei Herren aus Politik und Wirtschaft erkunden das Berliner Jungunternehmertum und wirkten dabei reichlich hilflos.

Er hat sich gar nicht verändert: Finanzsenator Ulrich Nußbaum. Bild: dpa

Es gibt ein Kinderbuch der Berliner Illustratorin Nadja Budde, das „Unheimliche Begegnungen auf Quittenquart“ heißt. Darin stehen sich schrullige Außerirdische eher fragend gegenüber. Man treibt Schabernack, sucht Kontakt, bis es zu eng wird, freundet sich an und weiß am Ende doch nicht, was den anderen umtreibt. Genau so kann man sich die Pressefahrt am gestrigen Donnerstag vorstellen, zu der Finanzsenator Ulrich Nußbaum, der SPD-Fraktionsvorsitzende Raed Saleh und IHK-Präsident Eric Schweitzer geladen hatten.

Sinn des Vormittags war, dass die große Politik Start-ups kennen lernt – eine der wirtschaftlichen Kräfte, von denen man sich in Berlin in letzter Zeit am meisten verspricht. Ergebnis war eher eine Begegnung à la Quittenquart: Man klopfte sich jovial auf die Schulter und wusste am Ende genauso wenig wie vorher, warum diese Unternehmen nach Berlin gekommen sind und was sie dazu bewegen könnte zu bleiben.

Ähnlich wie bei einer Fahrt mit Klaus Wowereit im Januar ging es auch diesmal stark darum, dass der Glanz der boomenden Start-up-Szene auf die schnöde Politik abstrahlt, die sich sonst mit Unliebsamkeiten wie sterbenden Flughäfen herumzuschlagen hat. Weitaus interessanter war da eben der Zusammenprall der Kulturen - die fast schon rührende Hilflosigkeit der älteren Generation, die in den Büros der Unternehmen zu beobachten war. So sah sich etwa Finanzsenator Nußbaum in den Räumen der Computerspielfirma GameDuell veranlasst zu sagen: „Mensch, was hat sich die Welt verändert!“

Kurz zuvor hatte man Nußbaum erklärt, die Firma mit heute 200 Angestellten wolle noch in diesem Jahr weitere 120 einstellen. Man arbeite hier nicht auf Stühlen, sondern auf „sitting machines“. Und: Die meisten der hochmotivierten Angestellten arbeiten in so genannten „Scrum Teams“. Das heißt: Man trifft sich zu Beginn des Tages zwecks Besprechung in Stand-up-Meetings, was an Footballteam erinnern soll, die ja auch vor jedem Spiel die Köpfe zusammen stecken. Von all dem schien Nussbaum derart beeindruckt, dass er einen seiner wichtigsten Tagesordungspunkte (laut Presseinfo) vergaß. Er hatte die Jungunternehmer fragen wollen, „wo sie der Schuh drückt.“

Doch nicht nur Nußbaum, auch der jüngere Saleh wirkte den ganzen Vormittag über sichtlich gefordert. Das galt auch bei der zweiten Betriebsführung - diesmal bei Zimory, einem Start-up, das derzeit 400 Prozent jährlich wächst, für andere Unternehmen Clouds verwaltet und den Mitarbeiterstab aus aller Herren Länder noch in diesem Jahr von 60 Personen auf 120 erhöhen wird.

Vielleicht lag es am starken Kaffee, den Zimory für die Politiker bereit gestellt hatte, jedenfalls vergaßen sie diesmal nicht zu fragen, wo der „Schuh drückt“. Und als CEO Ruediger Baumann erzählte, es fehle eigentlich nur an Kitaplätzen: Da endlich blühten Nußbaum und Saleh ein wenig auf. Mit dem Wort Kitaplatzmangel konnten sie etwas anfangen.

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