KOMMENTAR VON JOST MAURIN ÜBER DAS EU-PARLAMENT UND DEN AGRARHAUSHALT
: Demokratie gut, Ergebnis schlecht

Die EU muss endlich die Direktzahlungen an die Bauern komplett streichen

Mehr Demokratie ist immer eine feine Sache. Und es war ja auch überfällig, dass das Europäische Parlament bei einer Reform der milliardenschweren EU-Agrarsubventionen mitentscheiden durfte. Doch gleich beim ersten Mal sind die Folgen für Umwelt und Soziales negativ: Das Parlament hat am Mittwoch die Vorschläge der EU-Kommission für eine Umverteilung weg von den durchrationalisierten Großbetrieben hin zu Ökohöfen verwässert.

Die Bauern sollen also weiterhin rund 58 Milliarden Euro jährlich in erster Linie dafür bekommen, dass sie die Gesetze einhalten; dass sie also etwa nur so viel Dünger ausbringen, wie die entsprechende Verordnung erlaubt. Moment mal: Eine Branche kassiert Subventionen, weil sie sich an die Gesetze hält? Nach der Logik könnten demnächst auch Maschinenbauer Staatsgeld fordern, weil sie das Arbeitszeitgesetz respektieren.

Deshalb war es richtig, dass die Kommission von den Bauern etwas mehr fordern wollte, als die Gesetze vorschreiben. Zum Beispiel dass sie auf 7 Prozent ihrer Ackerfläche der Natur Vorrang einräumen. Dann könnten die Landwirte der Gesellschaft eine Leistung für die Subventionen zurückgeben: Tieren und Pflanzen Raum geben, die sonst immer stärker verdrängt werden. Oder sie würden ihren Treibhausgasausstoß senken, wenn sie auf den Flächen nicht mit klimaschädlichen Chemikalien arbeiten. Doch das Parlament will diese Schutzzonen so klein halten, dass die meisten Bauern wirtschaften können wie bisher.

Nun argumentiert die Agrarlobby, die Landwirte Europas bräuchten die Subventionen, weil ihre Konkurrenten etwa in Brasilien niedrigere Umwelt- und Sozialstandards erfüllen müssten. Mag sein, dass das für bestimmte Marktsegmente relevant ist. Aber deshalb kann der Staat nicht eine gesamte Branche über Jahrzehnte pauschal mit riesigen Summen päppeln. Effizienter wären da Hilfen für die betroffenen Betriebe oder Zölle, die vor unfairer Konkurrenz aus dem Nicht-EU-Ausland schützen.

Deshalb sollte die EU endlich die wichtigste Subventionsart, die Direktzahlungen, komplett streichen und sie durch Subventionen für konkrete Programme ersetzen, zum Beispiel für Ökolandbau oder kleine Betriebe in wirtschaftsschwachen Regionen. Die erbringen Leistungen, die der Markt unzureichend honoriert. Es wird Zeit, dass das auch die Mehrheit im EU-Parlament begreift.