Kampf gegen Korruption: Sündenregister der Wirtschaft

Landesregierungen in Hamburg und Schleswig-Holstein wollen unsaubere Firmen von öffentlichen Aufträgen ausschließen. Voraussetzung ist eine Verurteilung.

Für Gebäudereiniger wäre der Wegfall von Staatsaufträgen ein schwerer Schlag. Bild: dpa

Firmen, die etwa Beamte bestechen, Schwarzarbeiter beschäftigen oder nicht den Mindestlohn zahlen, sollen keine öffentlichen Aufträge mehr bekommen: Um das zu bewerkstelligen, wollen Hamburg und Schleswig-Holstein ein gemeinsames Korruptionsregister anlegen – eine schwarze Liste, die von öffentlichen Dienststellen eingesehen werden muss, bevor sie Aufträge vergeben. Die Hamburger Handelskammer will ihren Mitgliedsunternehmen dabei ein Hintertürchen offenhalten.

Einer Schätzung zufolge ist Deutschland im vergangenen Jahr durch Korruption ein Schaden von 250 Milliarden Euro entstanden. Demnach führen Bestechung und Vorteilsnahme nicht nur dazu, dass die öffentliche Hand teurer baut als nötig, sie vermindern auch die Steuereinnahmen und das volkswirtschaftliche Wachstum.

Wie groß das Problem in ihren Ländern ist, konnten der Hamburger Finanzstaatsrat Jens Lattmann und der schleswig-holsteinische Wirtschaftsstaatssekretär Frank Nägele nicht beziffern, als sie am Dienstag den Gesetzentwurf vorstellten: Es müsse mit vielen Fällen gerechnet werden, die nicht entdeckt worden seien. Das Instrument der Vergabesperre sei in Hamburg 2006 in einem Fall angewandt worden, sagte Lattmann, 2007 und 2009 in jeweils sechs Fällen und 2012 wieder in einem Fall.

Bisher sind solche Vergabesperren von einzelnen Dienststellen gegenüber einzelnen Firmen verhängt worden. Die übrigen Dienststellen erfuhren per Zufall davon, meist aus der Presse. Mit dem Korruptionsregister soll sich das ändern: Festgestellte Verfehlungen müssen an das Register gemeldet werden. Wer öffentliche Aufträge vergibt, muss vorher dort anfragen.

Der Handelskammer Hamburg ist es gelungen, eine Ausnahme im Gesetz unterzubringen. Sie arbeitet an einem „Compliance System“, einer Organisationsrichtlinie für Unternehmen, die Korruption verhindern soll. Wer entsprechend zertifiziert werden möchte, muss sich bestimmten Verboten und Regeln unterwerfen, etwa dem Vier-Augen-Prinzip. „Wenn es steht, werden wir das unterstützen“, kündigte Hans Randl von der Finanzbehörde an. Bei zertifizierten Unternehmen werde auf die Regelabfrage verzichtet.

Ein solches Vorgehen sei nicht ungewöhnlich, versicherte Lattmann. Schon heute müssten Firmen, die sich um öffentliche Aufträge bewerben, ihre Zuverlässigkeit nachweisen. Dafür würden sie von externen Dienstleistern „präqualifiziert“. „Warum sollte man das nicht auch für Fälle von Korruption gelten lassen“, fragte Lattmann.

Das Register sei ein scharfes Schwert, sagte der Staatsrat. Anders als es die SPD 2009 zu Oppositionszeiten gefordert hat, reicht eine Anklage nicht, um darin verzeichnet zu werden. „Ohne eine Verurteilung landet niemand in diesem Register“, versicherte Lattmann. Einträge würden nach spätestens drei Jahren gelöscht. Im Übrigen bedeute eine Eintragung noch keine Sperre, ergänzte Nägele. Diese komme erst in einem zweiten Schritt.

Die beiden Staatssekretäre betonten, dass sie gerne weitere Bundesländer für ein solches Register gewinnen würden und begrüßten eine entsprechende Ankündigung der neuen rot-grünen Koalition in Niedersachsen. Eine Zusammenarbeit mit Bremen, das bereits über ein Korruptionsregister verfügt, sei nicht praktikabel, solange Niedersachsen nicht soweit sei – nicht aus inhaltlich-fachlichen, sondern schlicht aus räumlichen Gründen. Außerdem müsse die Rechtsgrundlage für die Datenübertragung in Bremen nachgearbeitet werden.

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