rebellion der maschinen von RALF SOTSCHECK
:

Computerprobleme und andere technische Widrigkeiten sind eigentlich Tabuthemen, weil man sich sonst als Torfkopf entlarvt. Meine Freunde glauben ohnehin, dass ich ein Todeshändchen habe: Sobald ich ein Gerät anfasse, gibt es den Geist auf. Zeichner ©TOM behauptet, ich habe seinen unabstürzbaren Computer durch einfaches Berühren der Tastatur zum Absturz gebracht, was bis dahin noch niemandem gelungen war.

Nun haben sich die elektronischen Geräte aus Rache gegen mich verbündet, um mich zu zermürben. Meine Anrufe bei sämtlichen Firmen und Behörden werden an einen zentralen Computer umgeleitet, der mit einer Spracherkennung ausgerüstet ist und zunächst meinen Namen abfragt. Dann die Adresse. Das Geburtsdatum. Die Sozialversicherungsnummer. Meist legt der elektronische Rächer danach auf. Wenn ich unflätige Beschimpfungen ausstoße, sagt er mit provozierender Höflichkeit: „Entschuldigung, ich habe nicht verstanden. Mein Fehler.“

Neuerdings ruft mich der Computer sogar von selbst an. „Glückwunsch“, sagte er mit verstellter Stimme. Sie klang wie eine Grundschullehrerin, die einem Erstklässler zum erfolgreichen Buchstabieren seines Namens gratuliert. „Sie haben gewonnen.“ Ich fragte nach, was ich denn gewonnen habe, aber die Stimmen imitierende Maschine ignorierte meine Frage und erklärte mir, dass ich eine sündhaft teure Nummer wählen müsse, um zu erfahren, wie ich an meinen Gewinn komme.

Neulich gab sich der Computer als Telefongesellschaft aus. Man habe die Gebühren für den Anrufbeantworterservice abgeschafft, er habe ihn für mich eingeschaltet. Er sagte nicht, dass damit auch das Besetztzeichen abgeschafft wurde. Wenn jemand versuchte, mich zu erreichen, während ich telefonierte, meldete sich sofort der Anrufbeantworter mit vornehmem englischem Akzent. Bei hinterlassenen Nachrichten erhielt ich statt des Freizeichens einen Alarmton, der wie die irische Feuerwehr klang. Dazu musste ich den Hörer abnehmen, was ich nach jedem Gespräch tat. Was aber, wenn just in diesem Augenblick jemand anrief? Besser, ich kontrollierte das umgehend.

Am Abend war ich vom ständigen Hörerabnehmen so entnervt, dass ich die Telefongesellschaft anrief, aber selbstverständlich an meinen Feind, den Computer, umgeleitet wurde. Ich bat ihn, den Service wieder abzuschalten. „Schon geschehen“, schnarrte er. „Übrigens gibt es DSL jetzt zum selben Preis wie ihre bisherige, unendlich langsame Verbindung. Darf ich alles Notwendige veranlassen?“ Ja, sagte ich in einem Moment geistiger Umnachtung.

Er schickte mir umgehend ein Paket mit Kabeln und einem schwarzen Kästchen, bei dem es sich zweifellos um seinen Komplizen handelt. Auf einem Zettel hieß es, dass mein alter Internetzugang abgeschaltet werde. Hinweise zum Installieren des ominösen Kästchens befänden sich auf der beigelegten CD. Das Laufwerk an meinem Computer aber funktioniert nicht, seit ich vor einem halben Jahr eine CD der Telefongesellschaft mit Hinweisen zum korrekten Umgang mit dem Telefon eingelegt habe. Wenn Sie eine Weile nichts von mir hören, liegt es wohl daran, dass ich in der Gewalt des Kästchens bin.