Ein Journalist als Modernisierer

Finanzdienstleistungen und digitale Wirtschaft haben solide Grundlagen, auf denen man aufbauen kann“ lautet die „Tagesbotschaft“ auf der Website von Joseph Muscat. Wer mit solchen Parolen Wahlen gewinnt, muss begabt sein. Der Führer der Labour-Partei auf Malta im Mittelmeer hat jedenfalls am Sonntag seine Partei nach 15 Jahren Opposition mit einer überzeugenden Mehrheit von 55 Prozent der Stimmen zurück an die Macht geführt.

Der 39-jährige Muscat wurde bereits am Montag als einer der jüngsten Regierungschefs Europas auf sein Amt eingeschworen. „Eine neue, progressive Stimme am europäischen Tisch“ wolle er sein, sagte er; Europa müsse davor keine Angst haben. Was sowieso unwahrscheinlich wäre, ist Malta mit rund 420.000 Einwohnern doch nur wenig größer als Bochum und der kleinste Staat der Eurozone.

Seine Laufbahn begann Muscat als Journalist beim Labour-Radiosender Super One in den 1990er Jahren. Er war Finanzchef der Labour-Jugend und wurde 2004 ins Europaparlament gewählt, wo er sich vor allem gemäß den Interessen der maltesischen Wähler für billigeres Satellitenfernsehen einsetzte. Lange war Labour noch gegen die EU-Mitgliedschaft Maltas gewesen. Nachdem diese 2003 per Volksabstimmung realisiert wurde, stürzte Labour in eine tiefe Krise, die 2008 zum Rücktritt des langjährigen Partei- und Regierungschefs Alfred Sant führte. Er wurde durch Muscat ersetzt.

Muscats Wahlsieg ist jetzt ein weiterer Schritt zur Modernisierung des stockkatholischen Malta, das seine nationale Identität von den Malteser Rittern und den Kreuzzügen gegen den Islam herleitet und dessen Linke im Gegenzug Libyens Gaddafi-Diktatur anhimmelte. Muscat steht für die Hinwendung der maltesischen Linken zu Europa.

Einen Namen machte sich Muscat auch 2011, als er sich für die Legalisierung der Ehescheidung einsetzte – bis zur der Volksabstimmung war Malta das neben den Philippinen und dem Vatikan weltweit einzige Land, in dem die Scheidung verboten war. Jetzt ist er sogar für die Homo-Ehe. Die Wahl gewann Muscat ganz traditionell, weil er niedrige Strompreise und die Beibehaltung von Studentenbeihilfen versprach. DOMINIC JOHNSON