Adrenalin pur, kaum zu toppen

Gemeinsam sind sie stark: In der Gruppe Barrieren vor Ort zu überwinden stärkt die Verbundenheit und schafft eine hervorragende Stimmung. Das beweisen auch die gesammelten Reiseberichte im Web-Archiv des Veranstalters Grabo

Mit der „Aida“ in Südostasien

Klaus Sans

Todesmutig und voller Erwartungen ließen wir Rollifahrer uns am 7. März von vier Filipinos die Gangway hinauf auf Deck 6 der „Aida cara“ tragen. Unter uns ging es gut 20 Meter in die Tiefe. Von meinen bisherigen Kreuzfahrten war ich es immer so gewohnt, direkt vom Pier aus auf Deck 3 die „Aida“ zu betreten. Doch diesmal war durch die Gezeiten der Wasserstand so niedrig, dass man Deck 3 vom Pier aus gar nicht erreichen konnte. Also wurden wir Rollstuhlfahrer die 30 Meter lange Gangway hinaufgetragen. Die vier Boys mussten nacheinander sieben Rollstuhlfahrer nach oben bringen – und am nächsten Morgen eventuell wieder hinunter, da es in fast allen Häfen, die wir anliefen, Probleme mit dem Wasserstand gab.

Ich überlegte mir noch, ob es vielleicht für europäische Häfen eine DIN-Vorschrift gibt, da ich auf meinen Kreuzfahrten in Europa immer zu ebener Erde ins Schiff gelangen konnte. Vielleicht liegt es ja auch daran, dass die Asiaten eben allgemein etwas kleiner sind. Klein, aber sehr kräftig – und immer fröhlich und zuvorkommend, wie wir gleich bei unserer Ankunft feststellen konnten.

Atemberaubende Achterbahn

Sigrid Hell

Das nächste Tagesziel sollte mein persönliches Highlight werden: Las Vegas. Nach 5-stündiger Fahrt durch die Wüste (und super erholsamem Busschlaf und Fastfoodpause) sahen wir sie am Spätnachmittag vor uns: die in der Hitze flimmernde Skyline von Las Vegas. Unser Hotel lag direkt am oberen Ende des so genannten Strip, mitten im Lichtermeer des Spielerparadieses. Durch unser Hotel fuhr eine komplette Achterbahn, und im Erdgeschoss gab es, wie man es sich vorstellt, hunderte oder besser tausende von Einarmigen Banditen, Roulettetischen und klimpernden Glücksautomaten, so weit das Auge reicht. Wahnsinn! Von unserem Hotelzimmer hatten wir einen Blick auf das neueste Wahrzeichen von Las Vegas, den 370 Meter hohen Stratosphärentower mit gläserner Aussichtsplattform – und da oben drauf, einmalig in der Welt, in 350 Meter Höhe, am Außenrand der Plattform: eine knallgelbe Achterbahn. Meine Freundin Silvia (Querschnitt) und Jan (Helferlein) hatten schon Tage zuvor beschlossen, damit zu fahren. Ich ahnte Schlimmes.

Geschlossen trat unsere Gruppe den Weg zum Tower an. Mit dem Highspeed-Aufzug in den 107. Stock, und ich hatte es geahnt: Wolfgang hatte für mich auch schon eine Fahrkarte für die Achterbahn gekauft! Wir waren wohl die ersten Rollstuhlmädels, die in 350 Meter über dem Parkplatz aus den Rollstühlen gelupft und direkt in die Sitze der Stratosphärenbahn gehievt wurden. Der Wind pfiff uns durch die Haare, und dann ging es auch schon los. Wow! Es war der Adrenalinschub pur, kaum noch zu toppen, und an Schlaf war heute nicht mehr zu denken.

Nach Hanoi der Liebe wegen

Gabriele Hartmann

„Machen Sie auch Reisebegleitungen nach Vietnam?“, fragte eine männliche Stimme am Telefon. Durchaus – seit fünf Jahren begleite ich Individualreisende weltweit! Der Anrufer erklärte, dass er 55 Jahre alt, Rollstuhlfahrer und aus Sachsen-Anhalt sei. Mich brauche er, damit ich ihn in Hanoi als Dolmetscherin auf bestimmte Behörden begleite, um herauszufinden, warum seine Verlobte kein Visum nach Deutschland bekommt. Im weiteren Verlauf des Gesprächs stellte sich heraus, dass er die Frau vor zwei Jahren in Hanoi kennen gelernt hatte und seitdem zweimal ein Touristenvisum für sie abgelehnt wurde. Jetzt schmort irgendwo seit Monaten ein Antrag zur Ausreise zwecks Eheschließung, und die Sache geht nicht voran.

Prompt fielen mir die Schauergeschichten zum Thema „Import von Asiatinnen“ ein, aber der Anrufer erklärte schlicht: „Seit ich Chan kenne, hat mein Leben erstmals ein Ziel und einen Sinn. Wenn ich noch länger allein sein muss, werde ich verrückt!“ Das hörte sich überzeugend an, zumal es sich bei Chan um eine 45-jährige Frau handelt, die durch ihre Scheidung nach den Gesetzen der vietnamesischen Gesellschaft als Außenseiterin gilt. Da hatten sich offenbar zwei Verzweifelte gefunden.

Gelandet in Lima, Peru

Thomas Huber & Andreas Guth

Was passiert mit den acht Rollstühlen? Gibt es einen Hubwagen oder Finger zum Flughafengebäude? Nachdem alle Gäste von Bord waren, organisierte unser Team wild gestikulierend die Rollstühle zur Flugzeugtreppe, und wir heuerten kurzerhand drei Zollbeamte zum Anpacken beim Raustragen an. Als das erste Chaos vorbei war, packte halb Lima mit an, und man konnte vor lauter hilfreichen Händen keine Rollstühle mehr sehen. Da wir noch fünfmal von diesem Hauptflugplatz starten würden, lernten wir die Bodencrew gleich richtig an. Chaotische Gepäckausgabe und Zollkontrolle, trotzdem Zeit für einen Toilettenbesuch im Gepäckraum.

Sankt Petersburg per Schiff

Corina Murawski

Und so folgten auch wir den Frachtschiffen und fuhren in die Stadt Peters des Großen. Zum Frühstück fanden wir uns am Kai des Handelshafens wieder. Der Himmel war etwas grau, und die Busse warteten schon auf uns. Denn hier in Russland herrschen noch strenge Sitten – besonders im Umgang mit Kreuzfahrttouristen. Wer gedacht hatte, mit dem Taxi auf eigene Faust die Stadt besichtigen zu können, durfte das Schiff gar nicht erst verlassen. Nur organisierte Gruppen mit Bus und festem Besichtigungsprogramm waren zugelassen. Nicht einmal ein kurzer Fußweg entlang der berühmtesten Straße, dem Newski-Prospekt, war genehmigt. Es erforderte ganz große Überredungskunst, den Weg zur Eremitage, zum Stadtschloss der Zaren, „zu Fuß“ gehen zu dürfen, statt uns Rollstuhlfahrer für nur zwei Kilometer wieder in den Bus laden lassen zu müssen.

Vom Winde verweht

Karl Gierke

Während Segelboote die Windgeschwindigkeit nicht erreichen wegen des Wasserwiderstands, können Landyachten dreimal so schnell wie der Wind fahren. Das kann einem einen rechten Kitzel geben. „BloKart“ muss für Rollstuhlfahrer nicht mehr umgerüstet werden. Der Ein- und Ausstieg ist einfach, da man den Seitenbügel leicht herausnehmen kann. Außerdem ist man angegurtet, sodass man nicht herausfallen kann. David war so begeistert von BloKart, dass er diesen Sport gern anderen Rollifahrern vorstellen und empfehlen möchte, die gern eine neue, aufregende Sportart ausprobieren wollen. Es ist ja leider immer noch eine Seltenheit, dass eine neue Sportart von Behinderten und Nichtbehinderten gleichermaßen ausgeübt werden kann, ohne dass man irgendetwas umrüsten muss. Zusammengestellt von
Dieter Grönling