Brüderle und die Fuzzis

FDP „Stern“-Reporterin ausgepfiffen

BERLIN taz | FPD-Fraktionschef Rainer Brüderle wurde am Sonntagmittag per Akklamation zum Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl gekürt. Seine Rede begann staatstragend. Das „Streben nach Glück“ – sein Leitmotiv – dürfe nicht staatlich verordnet werden. Ruhiger und vorsichtiger als sonst, lobte er die liberale Politik der letzten Jahre („Export-, Wohlstands- und Wirtschaftswunder“) und die heilende Wirkung für die Union („Uns hat der Himmel geschickt“).

Zu seiner alten, kämpferischen Form fand er erst später zurück, sprach von Bomben und Wohlstandsvernichtungswaffen, griff die Oppositionsparteien SPD und Grüne scharf an, um ganz am Ende seiner Rede die Delegierten endlich mitzureißen. „Sie können uns beschimpfen, uns bewerfen, aber wir lassen uns nicht beugen“, schrie er in den Saal. „Wir überlassen diesen Fuzzis nicht unser Land. Auf in den Kampf!“

Für herrenwitzartige Begeisterung sorgte Wolfgang Kubicki am späten Samstagabend bei seiner Bewerbungsrede für einen Präsidiumsposten. Scheinbar zufällig thematisierte er die Sexismusdebatte um Rainer Brüderle. „Wir müssen ja heute aufpassen, was wir sagen. Ich habe gesehen, Frau Himmelreich ist auch hier“, sagte er.

Die Delegierten johlten und pfiffen minutenlang. Die angesprochene Stern-Journalistin hatte Brüderle im Januar in einem ausführlichen Porträt sexistisches Verhalten vorgeworfen. Brüderle hat sich dazu bis heute nicht geäußert. Kubickis Äußerungen nahm sie regungslos zur Kenntnis. Später redeten beide miteinander. Entschuldigt habe er sich nicht bei ihr, sagte Kubicki der taz. Dafür habe es auch keinen Grund gegeben.

PAUL WRUSCH