Im Netz buchen – und dann nichts wie weg

FERNWEH Auf der Internationalen Tourismusbörse zeigen sich Trends: Viele Menschen wollen fair verreisen. Kultururlaub wenig gefragt

AUS BERLIN EDITH KRESTA

Die Internationale Tourismusbörse ITB, die am Sonntag in Berlin zu Ende ging, wird immer technokratischer, cooler. Das können auch kreiselnde Sufis im bunten Kostüm bei Oman oder tanzende Kubaner nicht verdecken. Die Empfänge sind kürzer, die Begegnungen schneller. Das Internet hat nicht nur das Buchungsverhalten der Deutschen verändert – 2012 stieg die Zahl der Onlinebuchungen um ein Fünftel; sie haben jetzt einen Anteil von 36 Prozent, wie das Nürnberger Marktforschungsunternehmen GfK ermittelte. Es verändert auch die Messelandschaft: Neben Journalisten akkreditieren sich auf der Messe immer mehr Blogger, die von der weiten Welt und ihren touristischen Produkten erzählen und dieses Klickstark an Freunde und Communitys posten.

Doch beim Reiseverhalten ist vieles gleich geblieben, wie die Reiseanalyse der Kieler Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) zeigt. Die Hitliste der Reiseziele der Deutschen ist seit Jahren unverändert. Auch 2012 lagen Reisen in Deutschland auf Platz eins – an der Spitze Bayern und die norddeutschen Küstenländer. Bei den Auslandszielen rangierten erneut Spanien, Italien, die Türkei und Österreich vorn. Krisenländer hingen werden gemieden: Am größten sei der Rückgang der Nachfrage für Griechenland, Ägypten und Tunesien.

Unverändert ist der Boom der Kreuzfahrtbranche: Nach dem Unglück des Kreuzfahrtschiffs „Costa Concordia“ Anfang 2012 seien die Buchungszahlen phasenweise deutlich zurückgegangen. Inzwischen jedoch hätten die Kreuzfahrten das starke Umsatzniveau des Vorjahres wieder erreicht. Wachsende Nachfrage gibt es auch bei Luxusreisen.

Auch bei Kultur- und Studienreisen gibt es eine Trendverschiebung. „Wenn Kultur, dann Kultur light und nicht Kultur pur“, sagt FUR-Geschäftsführer Rolf Schrader. Der Trend geht zu kleineren Gruppen. „Große Gruppen verkaufen sich nur noch über den Preis“, bestätigt Olaf Melsbach von Studien-Kontakt-Reisen in Köln (SKR) diesen Trend. „Die klassische Bildungsreise ist ein Auslaufmodel.“ Heute gehe der Trend zu Erlebnissen, zu Begegnungen. Eintauchen in die Alltagskultur habe historischen Denkmälern den Rang abgelaufen. Der Besuch bei der Familie des Gärtners des Tadsch Mahal sei beliebter geworden als das Tadsch Mahal selbst. „Das sind Geschichten, die in Erinnerung bleiben“, sagt Melsbach.

Immer wichtiger werde für die Deutschen der Wunsch nach einem ökologisch und sozial einwandfreien Urlaubserlebnis. „40 Prozent der Bevölkerung wünschen sich aktuell einen umweltverträglichen Urlaub – vor einem Jahr waren es erst 31 Prozent“, berichtet Martin Lohmann, Geschäftsführer des Kieler Instituts für Tourismus. Für 46 Prozent solle der Urlaub zudem sozialverträglich sein.

Urlauber können in Zukunft noch leichter nachhaltige Reisen finden. Auf der ITB in Berlin wurden erstmals acht Reisebüros mit dem CSR-Siegel für Nachhaltigkeit und Unternehmensverantwortung im Tourismus ausgezeichnet, das von der Organisation TourCert vergeben wird. Zudem dürfen nun sechs weitere touristischen Unternehmen mit „CRS certified“ werben. Insgesamt tragen damit 64 Tourismusunternehmern das Siegel, 22 befinden sich derzeit im Prozess der Einführung.

TourCert überprüft die sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Auswirkungen von Tourismusangeboten. „Es geht um einen konsequenten Schutz der Umwelt und Menschenrechte“, sagt Geschäftsführer Günter Koschwitz bei der Verleihung auf der ITB. Für die Veranstalter wichtig: Menschen, die fair reisen, sind auch bereit, dafür mehr zu bezahlen.