Berliner Szenen: Fup darf das

Berlin ist wild und gefährlich. Und unsere AutorInnen sind immer mittendrin. Ihre schrecklichsten, schönsten und absurdesten Momente in der Großstadt erzählen sie hier.

Ich schlendere mit Fup auf den Schultern am Eisladen vorbei. Ein Mann sitzt auf der Bank und fragt: „Ist das Fup da oben?“ Er spricht „Fup“ deutsch aus, also so wie geschrieben, aber die Whiskey trinkende störrische Ente „Fup“ aus dem gleichnamigen Roman von Jim Dodge, den ich jedem nur aufs Wärmste empfehlen kann, übersetzt von Harry Rowohlt, wobei das Hörbuch, gesprochen von Harry Rowohlt, fast noch besser ist, die Ente Fup also, nach der Fup benannt wurde, war amerikanisch, also heißt Fup lautmalerisch „Fap“. Ich mache den Mann darauf aufmerksam. Er sagt: „Interessant“.

Im Café Einstein bin ich mit einem Autor verabredet. Eine Bedienung ruft mir zu: „Where is your baby?“ Ich weiß nicht, warum sie auf Englisch mit mir spricht. Meinen Latte macchiato bestelle ich immer auf Deutsch. Das Wiener Schnitzel auch.

Fup verschwindet im türkischen Zeitungsladen und kommt mit einem Schokoriegel wieder herausgerannt. Ich sage dem Verkäufer, dass es mir leid täte und ich den Schokoriegel natürlich bezahlen würde. „Kein Problem“, sagt der, „Fup darf das. Ist ja noch ein Kind.“ Ja schon, denke ich, aber dafür ist es ja wohl noch ein bisschen zu früh.

Im Casolare gibt es ein großes Hallo. Fup kommt, mit mir im Schlepptau. Den Kellner mit Glatze klatscht er ab. Nach dem Essen verschwindet er kurz und kommt mit einem Lolli zurück. Er behauptet einfach, er hätte aufgegessen und hätte jetzt gern seine Belohnung dafür. Er ist dann allerdings so großzügig und bietet seinen gebrauchten Lolli einem gleichaltrigen Kind an, das das gleiche weiß-rosa-gestreifte Designerhemd wie seine Mutter trägt. Das Kind würde schon wollen, aber die Mutter nicht. Das Kind muss Salat essen.

Nach nur drei Jahren kennt Fup mehr Leute hier im Viertel als ich, der ich schon über 30 Jahre hier lebe. Na gut, ich biete auch niemandem gebrauchte Lollis an.

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