„Wir wollen jetzt die Wahrheit“

BANKENSKANDAL Der österreichische Grünen-Politiker Rolf Holub prangert kriminelle Machenschaften und den Verkauf der Bank Hypo Group Alpe Adria an die BayernLB an

Zwölf Millionen Euro Honorar für ein geheimes mündliches Gutachten

VON TARIK AHMIA

BERLIN taz | Rolf Holub gibt keine Ruhe: Seit zwei Jahren forscht der Kärntner Landtagsabgeordnete nach der Wahrheit. Fünf Berichte über das dubiose Verkaufsverfahren der österreichischen Großbank Hypo Group Alpe Adria (HGAA) an die Bayerische Landesbank hat er bereits verfasst und initiierte gleich nach dem Verkauf im Mai 2007 einen Untersuchungsausschuss im Kärntner Landtag. Doch trotz erdrückender Indizien ist der politische Erfolg seiner Ermittlungen bislang gleich null. „In Kärnten hat es leider noch nie Konsequenzen für irgendetwas gegeben. Das habe ich mir schon seit ein paar Jahren abgeschminkt“, sagte Holub am Montag der taz. „Unsere Ausschüsse sind zahnlos.“ Zeugen können in der Heimat des ehemaligen, 2008 tödlich verunglückten Landeschefs Jörg Haider einer Vorladung ohne Konsequenzen einfach fernbleiben.

Jetzt, nach einem Verlust von 3,7 Milliarden Euro der BayernLB durch die mittlerweile rückverstaatlichte HGAA, setzt der Grünen-Landespolitiker auf die Justiz: Holub hat im Zusammenhang mit dem Verkauf Strafanzeige gegen unbekannt wegen Untreue, Amtsmissbrauchs und Betrugs gestellt. Das Dokument, das der taz vorliegt, beschreibt allerlei Anrüchiges rund um die Transaktion, mit der die BayernLB am 22. Mai 2007 die sechstgrößte Bank Österreichs für 1,625 Milliarden Euro erwarb. Holub: „Haider und die ÖVP hatten den Verkauf heimlich und im Alleingang über die Bühne gebracht und alle anderen Parteien erst kurz vor dem tatsächlichen Verkauf informiert.“

Die BayernLB unterschrieb dabei offensichtlich einen Vertrag, ohne zu wissen, wofür sie eigentlich bezahlte. Den durch einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer ermittelten Wert der HGGA erfuhr der Vorstand der BayernLB jedenfalls erst fünf Tage nach Vertragsabschluss. Der Prüfer diagnostizierte Milliardenrisiken in der Bilanz der HGAA. Zudem habe die BayernLB mindestens 125 Millionen Euro zu viel bezahlt. Profitiert haben davon reiche Privatanleger und Finanzexperten, die frühzeitig in den Deal eingeweiht waren. So möchte Holub klären, wieso der Wirtschaftstreuhänder Dietrich Birnbacher 12 Millionen Euro für ein mündliches Gutachten erhalten habe, von dem weder Vorstand noch Aufsichtsrat der HGAA erfahren durften.

Profitiert hat nach Medienberichten auch ein Konsortium des deutschen Finanziers Tilo Berlin, an dem sich 47 reiche Privatpersonen und Stiftungen beteiligt haben. Dazu sollen Politiker aus Kärnten, die Familien Piëch und Schwarzkopf sowie Stiftungen der Familien Flick und Horten gehören. „Das Konsortium wurde eigens kurz vor der Übernahme gegründet und erwirtschaftete durch den Verkauf an die BayernLB in fünf Monaten einen Gewinn von 150 Millionen Euro“, sagte Holub. Auch die bürgerlichen Parteien BZÖ und ÖVP sollen in Form von Parteispenden über insgesamt 50 Millionen profitiert haben. Nun steht der Verdacht des Insiderhandels im Raum, denn schon Wochen vor den angeblichen ersten Verhandlungen gab es zwei Geheimtreffen zwischen Vertretern der Banken, dem Konsortium und den beiden Landesregierungen. Doch diese Treffen wurden bislang von allen Beteiligten verschwiegen – auch vor dem Untersuchungsausschuss. „Wir wollen jetzt die Wahrheit. Alle Beteiligten müssen nun ihre Konten offenlegen“, so Holub. Er hofft, dass die Justiz schafft, woran die Politik gescheitert ist.