Metaller gegen Sklavenmarkt

Im Tarifkonflikt der Metallindustrie startete die IG Metall im Norden eine Warnstreik-Offensive. Übernahme der Azubis und Leiharbeit rücken in den Fokus.

Wollen viel mehr als mehr Geld: Hamburger Metaller ziehen durch den Alten Elbtunnel. Bild: dpa

HAMBURG taz | Im Tarifkonflikt der Metall- und Elektroindustrie hat die IG Metall im Norden zur Auftakt-Offensive ausgeholt. In allen fünf norddeutschen Bundesländern legten am Donnerstag mehr als 16.000 Beschäftigte die Arbeit nieder. Allein in Hamburg beteiligten sich nach Gewerkschaftsangaben 8.000 Metaller aus 40 Betrieben an dem Warnstreik. „Viele Betriebe standen still“, sagte Hamburgs IG Metall-Vizechefin Ina Morgenroth. In Hannover demonstrierten 1.500 Metaller aus 13 Betrieben durch die Stadt.

In Bremen beteiligten sich 3.500 Metaller an Warnstreiks und Demonstrationen – allein bei Mercedes legten 3.000 Arbeiter der Frühschicht laut IG Metall die Arbeit nieder. Zu Warnstreiks kam es auch in Hildesheim, Osnabrück und in Lübeck – dort bei den Dräger-Betrieben und der Lürssen-Kröger-Werft.

In Hamburg waren am Morgen im Zuge des Ausstandes 4.000 Metaller in drei Marschsäulen – unter anderem von der Werft Blohm + Voss durch den Alten Elbtunnel – zur zentralen Kundgebung an der Reeperbahn gezogen. Den Blohm + Voss-Umzug führte die IG Metall Jugend mit Transparenten „Operation Übernahme“ und „Laut und stark für unbefristete Übernahme“ an.

Überhaupt rücken in dieser Metall-Tarifrunde bei den Beschäftigten zunehmend die Forderungen nach unbefristeter Übernahme aller Auszubildenden und für mehr Mitbestimmung beim Einsatz von Leiharbeitern in den Mittelpunkt – als wäre die Gehaltsforderung von 6,5 Prozent wegen guter Argumente ein Selbstgänger. Der Arbeitgeberverband Nordmetall hat bislang drei Prozent mehr Gehalt bei 14 Monaten Laufzeit angeboten, was für den IG Metall-Bezirksleiter Küste, Meinhard Geiken, „eine Sauerei“ ist. Auch die Verweigerung einer Übernahmeregelung durch Nordmetall ist angesichts des Facharbeitermangels für Geiken „unfassbar“. Das Argument der Unternehmer, die Auszubildenden würden sich bei einer Übernahmegarantie „während der Ausbildung in die Hängematte legen“ ist laut Geiken „dummes Zeug“. „Die Übernahme ersetzt nicht die Facharbeiterprüfung“, so Geiken.

Als „respektlos“ nannte auch Natascha Meyer, Jugendvertreterin beim Gabelstapler-Hersteller Still, die Unterstellung, bei einer „Zukunftssicherung“ würden sich die „Azubis auf die faule Haut legen“. Bei Still gebe es seit fünf Jahren per Haustarifvertrag eine Übernahmegarantie und die Azubis legten alle gute Lehrabschlüsse hin. „Auch meine Zwischenprüfung war sehr gut“, so Meyer. „Auszubildende wollen ihre Zukunft planen können, ohne die Angst, in prekärer Beschäftigung zu landen“, sagte Meyer, „oder als ausgebildeter Azubi als Leiharbeiter eingestellt zu werden.“

Beim Einsatz von Leiharbeitern wollen die Metall-Arbeitnehmer künftig mehr mitbestimmen dürfen. Es könne nicht länger geduldet werden, dass sich Unternehmer wie „Schmarotzer“ verhalten und sich auf dem „Sklavenmarkt bedienen“, sagte der Betriebsratschef Thomas Wolf vom Airbus-Zulieferer Diehl Comfort Modules. „Sie bestellen Menschen wie Material und behandeln es wie Menschenmaterial“, sagte Wolf. Deshalb bräuchten die Betriebsräte Instrumente, um über „Dauer, Einsatz und Umfang der Leiharbeit mitzuentscheiden“.

Die nächsten Tarifgespräche für die Region Küste finden am 9. Mai in Bremen statt, tags darauf im Bezirk Niedersachsen.

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