Entscheidung Bundesverfassungsgericht: Deal muss ins Protokoll

Das Verfassungsgericht fordert eine klare Dokumentation von Deals in Strafprozessen. Die Verurteilung eines Drogenhändlers muss nun erneut geprüft werden.

Schick aussehen reicht nicht. Auch die Protokolle müssen schick sein. Bild: dpa

KARLSRUHE taz | Gerichte müssen ihre Protokollpflichten im Strafprozess ernster nehmen, mahnt das Bundesverfassungsgericht. Ein mutmaßlicher Drogenhändler aus Sachsen bekommt nun vermutlich einen neuen Prozess, weil aus dem Gerichtsprotokoll nicht klar ersichtlich war, ob sein Urteil auf einem „Deal“ beruhte oder nicht.

Der Mann wurde vor rund einem Jahr vom Amtsgericht Pirna wegen Drogenhandels zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Noch im Gerichtssaal verzichtete er auf eine Berufung. Später legte er doch Berufung ein. Diese wurde von der sächsischen Justiz als unzulässig abgelehnt, weil er ja bereits auf Rechtsmittel verzichtet habe. Der Mann hielt dagegen: Er habe laut Gesetz gar nicht wirksam auf Rechtsmittel verzichten können, weil das Urteil auf einer Absprache beruhte.

Richter erinnert sich nicht

Es ging nun also um die Frage: Hatten sich Verteidigung, Staatsanwaltschaft und Gericht auf eine Lösung des Falles verständigt? Die Verteidigerin sagt, es habe einen Deal „Geständnis gegen sofortige Entlassung aus der U-Haft“ gegeben. Die Staatsanwältin sagt, man habe zwar verhandelt, sich in wesentlichen Punkten aber nicht einigen können. Der Richter konnte sich nicht mehr erinnern. Im Protokoll war kein Deal vermerkt.

Die Verfassungsbeschwerde des Mannes hatte nun Erfolg. Die sächsischen Gerichte hätten den Sachverhalt nicht richtig aufgeklärt, das Grundrecht auf ein faires Verfahren sei verletzt, so die Verfassungsrichter.

Wenn im Protokoll nichts über einen Deal vermerkt sei, gehe das nicht zu Lasten des Verurteilten. Denn laut Gesetz müsse im Protokoll auch ausdrücklich vermerkt werden, dass kein Deal stattgefunden hat. Bisher hatten viele Richter dies als lächerliche Pflicht ignoriert. Das wird sich nun ändern.

Erstmals entschieden

Es ist die erste Entscheidung des Verfassungsgerichts, seit der Bundestag 2009 solche Urteilsabsprachen gesetzlich geregelt hat. Die Praxis, dass ein Geständnis nach Absprache mit einer milden Strafe honoriert wird, ist aber schon Jahrzehnte alt. Das Verfassungsgericht ließ nun aber ausdrücklich offen, ob es die umstrittenen Deals für verfassungskonform hält. (Az: 2 BvR 1464/11)

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