Bundesnetzagentur : Der Manager der Energiewende

Die Bundesnetzagentur ist in den letzten Jahren zu einem heimlichen Energieministerium herangreift. Seit kurzem hat die Behörde einen neuen Präsidenten.

Der neue Mann an der Spitze der Bundesnetzagentur: Jochen Homann. Bild: dpa

BERLIN taz | Ein Energieministerium zu fordern ist derzeit rhetorische Mode unter Wirtschaftspolitikern und Funktionären. Zu lähmend finden viele die Streitigkeiten zwischen Umwelt- und Wirtschaftsministerium. Dabei gibt es längst solch einen Manager der Energiewende: den Präsident der Bundesnetzagentur.

Seit dem 1. März ist die Stelle neu besetzt. Jochen Homann war bislang Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium. Am Montag wird er in sein neues Amt eingewiesen und nimmt Platz an einem der entscheidenden Hebel der Energiepolitik.

Denn die Bundesnetzagentur hat in den vergangenen sieben Jahren so viele Kompetenzen bekommen, dass sie zum heimlichen Energieministerium herangereift ist. Die Beschlüsse der Behörde hätten Gesetzescharakter, beklagt ein Energielobbyist hinter vorgehaltener Hand.

Der Vorgänger, ein SPD Mann, musste gehen

Jochen Homann übernimmt den Job von seinem 60-jährigen Vorgänger Matthias Kurth. Den Vertrag des SPD-Mannes hatte die schwarz-gelbe Regierung nicht verlängert. Die Netzagentur untersteht Wirtschaftsminister Philipp Rösler, damit behält Homann seinen obersten Dienstherrn. Gegen den wird sich der neue Behördenchef nur schwer wie sein Amtsvorgänger als heimlicher Energieminister profilieren.

Immerhin hatte Kurth für einen Beamten geradezu mit Leidenschaft und Charme erfolgreich für immer niedrigere Netzentgelte gekämpft, die Stromfirmen den Kunden in Rechnung stellen dürfen. Homann dagegen verteidigte bei öffentlichen Auftritten stets etwas hölzern den Kurs des Wirtschaftsministers. Nach der Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke sagte Homann im September 2010: „Kernenergie ist der Weg, die Energiewende bezahlbar zu machen.“ Jetzt muss er den Atomausstieg umsetzen.

Bei den Stromnetzfirmen gilt der Volkswirt zwar als erfahren und hochkompetent. Zudem hat der Beamte unter Unionspolitikern Karriere gemacht. Trotzdem war der Niedersachse nicht die erste Wahl, als sich die Bundesregierung vergangenen November auf eine Neubesetzung des wichtigen Postens einigte.

In seiner neuen Rolle wird Homann rasch Durchsetzungsvermögen beweisen müssen. Seine Behörde arbeitet an neuen Regeln für die Sicherheit des Stromnetzes. Dafür wird sich der neue Chef mit den Betreibern von Kraftwerken anlegen müssen. Seine Behörde wird darüber entscheiden, welche Meiler im Notfall als erste vom Netz gehen müssen oder eigens angefahren werden müssen, wenn Stromausfälle drohen.

Ein Freund erneuerbarer Energien

Die größte Aufgabe für den neuen Chef wird aber der Ausbau der Stromautobahnen sein. Bis Ende des Jahres muss seine Behörde den Plan dafür liefern, wo mehr Leitungen gebraucht werden. Als Staatssekretär hatte sich Homann bereits dafür eingesetzt, dass die erneuerbaren Energien dabei nicht zu kurz kommen. Ihm sei es zu verdanken, dass die Netzbetreiber bei ihren Rechnungen mehr Windräder auf die Agenda gesetzt hätten, als die Firmen zunächst wollten, berichtet ein Ökolobbyist.

Homann wollte damit das grüne Image der Bundesregierung stärken. Das könnte bei einer anderen Entscheidung leicht gefährdet sein. Energiefirmen drängen auf Subventionen für neue Gas- oder Kohlekraftwerke. Auch von der Einschätzung der Netzagentur wird abhängen, ob die Regierung neues Geld lockermacht und Stromkunden damit belastet. Homanns alter und neuer Chef Philipp Rösler hat schon klargemacht, wer das letzte Wort haben wird. In einem Interview sagte er: „Der Energieminister bin ich.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.