Benedikt Lux (Grüne) im Interview: "Aus den wildesten Zeiten raus"

Benedikt Lux ist neuer parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen geworden. Im Gespräch erzählt er, wann er die Peitsche schwingt und was er von Innensenator Henkel hält.

"Meine Aufgabe ist zu vermitteln, alle einzubinden": Benedikt Lux. Bild: Robert Pelz

taz: Herr Lux, ehrlich gesagt, dass Sie mal parlamentarischer Geschäftsführer werden, war ja nicht unbedingt zu erwarten.

Benedikt Lux: Warum denn?

Na ja, in England heißt der Job treffend whip - der Einpeitscher. Anwesenheit kontrollieren, Kollegen zur Abstimmung trommeln, Häkchen machen, ein Kontrolletti halt. Sie haben eher das Image des lässigen Linken gepflegt, alles easy und so.

Na, ich habe mich ja als innenpolitischer Sprecher doch schon lange mit Sicherheit und Ordnung beschäftigt.

Ja, aber da standen Sie auf der anderen Seite. Hier sind nun quasi Sie die Ordnungsmacht.

Ich glaube, dass das eine sehr interessante Aufgabe ist und ich mich da reinarbeiten kann.

Im laufenden Betrieb?

Warum nicht? Und mal sehen, ob das Lässige auf der Strecke bleibt - whip hin oder her.

Der 30-Jährige folgt als Geschäftsführer seinem Kollegen Heiko Thomas. Lux sitzt seit 2006 für die Grünen im Parlament.

Neben Ihnen gibt es ja jetzt noch eine nicht-parlamentarische Geschäftsführerin. Macht die die Arbeit und Sie sind eine Art Frühstücksdirektor?

Ich vertrete die parlamentarischen Interessen der Grünen gegenüber den anderen Fraktionen. Ich hoffe, ich werde mit meiner Arbeit einen Beitrag für ein aktives Parlament leisten. Meine Geschäftsführerkollegin Catherina Pieroth wird sich um die MitarbeiterInnen der Fraktion kümmern und die Organisation für das Tagesgeschäft leiten.

Am Dienstag verabschiedet die Fraktion ihren früheren Chef Volker Ratzmann, der sein Mandat aufgibt. Da wird viel von Dank die Rede sein. Ist das nicht vor allem der Dank dafür, dass er geht? Weil ein Ex-Häuptling nicht mehr bloß Indianer sein kann?

Bei der Linkspartei sieht man sehr gut, dass das doch geht - die drei ehemaligen Senatorinnen und Senatoren Bluhm, Lompscher und Wolf sitzen doch alle in der Fraktion, ohne dass es Ärger gibt. Volker hat sich halt für etwas Neues entschieden. Ist doch auch okay.

Ratzmanns letzte Parlamentsrede war überschrieben mit "Vertrauenskrise überwunden - Chance für neue politische Kultur" gehalten. Das ließ sich auch auf die jüngste Krise bei den Grünen beziehen.

Eine neue politische Kultur können wir in Berlin bestimmt insgesamt gebrauchen …

Bleiben wir bei den Grünen.

… und wir Grünen gegenüber den Zuständen im vergangenen Herbst natürlich auch. Das darf es nicht wieder geben.

Sie haben ja auch damit für sich geworben, dass Sie keinem der beiden Flügel in der Fraktion angehören. Sind sie als Geschäftsführer nun Dauer-Mediator, in Nachfolge der professionellen Schlichter, die sich im Herbst um die Fraktion gekümmert haben?

So gut wie Wolfgang Wieland werde ich das nie schaffen. Aber natürlich sehe ich es als meine Aufgabe an, zu vermitteln, alle einzubinden.

Was passiert mit der Fraktionsspitze? Ramona Pop ist ja nur bis Herbst gewählt - bleibt es bei einer Chefin? Oder kehren Sie zur Doppelspitze zurück?

In unserer Satzung haben wir die Doppelspitze festgeschrieben. Dass Ramona Pop die Fraktion alleine führt, ist an sich eine Ausnahme davon. Was wir im Herbst machen, weiß ich noch nicht.

Ein einziger Chef statt zwei hat ja den Vorteil, dass da kein Lager für sich einen Quotenplatz forden kann.

Dazu müssten wir mit Zwei-Drittel-Mehrheit die Satzung ändern oder den Posten einfach nicht besetzen. Ramona Pop macht das richtig gut. Für die Frage, ob eine geeignete Ko-ChefIn im Herbst kommt, ist es jetzt wirklich zu früh.

Der rot-schwarze Senat ist bald 100 Tage im Amt. Hat er eigentlich seitdem auch etwas richtig gemacht?

(Schweigen)

Gar nichts?

Also, Thomas Heilmann als Justizsenator lässt ein bisschen hoffen. Dass er gleich nach Amtsantritt ein paar Dinge vorgeschlagen hat, um den Handel mit Schrottimmobilien einzudämmen, das war schon gut. Ich hoffe, dass er sich als liberales Element gegen CDU-Chef Frank Henkel als law-and-order-Mann hält.

Ein Innensenator Henkel war ja für viele eine Horrorvision. Aber auch mit ihm ist Berlin nicht wirklich auf dem Weg zum Polizeistaat.

Berlin ist aus den wildesten Zeiten sicher raus. Aber Henkel steht dennoch für eine Politik, die Grundrechte ohne Not einschränkt und nicht wirklich mehr Sicherheit bringt. Auf dem linken Auge sieht er doppelt so scharf und verschiebt damit wichtige Kapazitäten. Und er schießt nun wirklich fast jedes Mal über das Ziel hinaus.

Und was ist mit dem Mann, der sich bei der SPD dafür rühmt, sie vor einer Koalition mit den Grünen bewahrt zu haben: mit Klaus Wowereit?

Der hat ja auch gesagt, die Stimmung bei den Grünen sei wie bei einer Beerdigung. Ehrlich gesagt lasse ich es lieber auf der Beerdigung krachen, als wie Wowereit jahrzehntelang als Tatenloser im Roten Rathaus zu hausen, ohne Visionen, ohne Anstöße, ohne Ideen für das Zusammenleben.

Wenn die Grünen ihn tatsächlich so treiben würden, wie sie das laut angekündigt haben, könnte er sich das kaum leisten.

Wowereit kann sich doch fast alles leisten. Der macht jetzt Beute nach seiner Wahl, nach vorne bringt er die Stadt damit nicht. Meine Güte, die Leute mögen ihn. Aber seine Politik ist wie Pudding - und den kann man nur schwer an die Wand nageln.

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