EU droht Ungarn mit Geldentzug: Nicht genug gespart

Die EU-Kommission will Ungarn fast eine halbe Milliarde Euro weniger zahlen. Das Land habe seine Finanzen nicht im Griff und solle so "angespornt" werden, so die Kommission.

Am Ende könnten mehrere Milliarden Forint fehlen. Bild: dpa

BRÜSSEL afp | Die EU-Kommission will Ungarn wegen seines Haushaltsdefizits mit dem Stopp von Zahlungen in Höhe von fast einer halben Milliarde Euro bestrafen. Der drohende Zahlungsstopp solle ein "starker Anreiz" für die Regierung in Budapest sein, die Forderungen der EU doch noch zu erfüllen, sagte EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn am Mittwoch in Brüssel. Die Regierung in Budapest nannte die Entscheidung "ungerecht und unbegründet".

Die EU-Kommission wirft Ungarn vor, nicht genug zu unternehmen, um ihr zu hohes Haushaltsdefizit "glaubwürdig und langfristig" in den Griff zu bekommen. Deswegen will Brüssel Zahlungen über 495 Millionen Euro einbehalten, die das osteuropäische Land im Jahr 2013 erhalten sollte - ein bislang einzigartiger Vorgang in der EU.

Der Betrag entspricht einem halben Prozent der ungarischen Wirtschaftskraft und 29 Prozent der Mittel, die das Land im kommenden Jahr aus dem EU-Kohäsionsfonds erhalten sollte, mit dem im EU-Vergleich unterentwickelte Regionen gefördert werden. "Wir tun das nicht als eine Art Bestrafung", sagte Regionalkommissar Johannes Hahn.

Das Einfrieren der Gelder sei ein "Ansporn" für die ungarische Regierung, "ihr Haus in Ordnung zu bringen". Ungarn könne den Zahlungsausfall noch bis Jahresende abwenden, wenn sie den Forderungen aus Brüssel nachkomme. Die EU-Länder müssen dem Geldentzug auch noch zustimmen.

"Unbegründet und ungerecht"

Die Kommission kritisiert, dass die ungarische Neuverschuldung 2011 zwar unter der vorgegebenen Marke von drei Prozent der Wirtschaftsleistung lag - dies aber nur wegen der Berechnung auf Basis außergewöhnlicher Faktoren. Ansonsten hätte das Defizit bei sechs Prozent gelegen. Für dieses und das kommende Jahr erwartet die Kommission ebenfalls, dass Ungarn gegen die Defizitregeln verstößt.

Die ungarische Regierung kritisierte die Entscheidung als "unbegründet und ungerecht". Es sei "unbegreiflich", dass die EU-Kommission die Tatsache ignoriere, dass Ungarn im vergangenen Jahr nicht gegen die Defizitregeln verstoßen habe, hieß es in einer in Brüssel verbreiteten Erklärung.

Die Regierung in Budapest erwartet demnach, auch in diesem sowie im kommenden Jahr mit ihrem Defizit nicht die Drei-Prozent-Regel zu brechen. Der jetzige Vorschlage der EU-Kommission sei zudem aus juristischer Sicht "umstritten", da somit "vorausgesetzte zukünftige Ereignisse" bestraft werden sollten.

Die rechtskonservative Regierung Ungarns steht international seit Monaten auch in der Kritik, weil sie die demokratische Mitbestimmung im Land durch Gesetze und Änderungen der Verfassung beschneidet. Mitte Januar leitete die EU-Kommission deshalb ebenfalls drei Verfahren gegen Budapest ein. Dabei ging es um Gesetze, welche die Unabhängigkeit der Notenbank, der Justiz und der Datenschutzbehörde betreffen.

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