IGH urteilt im Sinne Deutschlands: Immunität bei Nazi-Kriegsverbrechen
Deutschland kann nicht vor ausländischen Gerichten wegen Kriegsverbrechen während des Nationalsozialismus verklagt werden. Dies urteilte der Internationale Gerichtshof (IGH).
DEN HAAG afp | Der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag hat im Streit um Entschädigungszahlungen wegen Nazi-Verbrechen zugunsten Deutschlands geurteilt.
Italienische Gerichte hätten die deutsche Staatenimmunität nicht anerkannt und seien damit ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen, hieß es in der Urteilsbegründung, die Richter Hisashi Owada am Freitag in Den Haag vortrug. Italien müsse auf gesetzgeberische oder andere Weise sicherstellen, dass dies nicht geschehen könne.
Die Bundesregierung hatte den IGH Ende 2008 angerufen, um prüfen zu lassen, ob in Italien gefällte Urteile zu Entschädigungszahlungen wegen Nazi-Verbrechen mit dem Völkerrecht vereinbar sind. Konkret ging es um Klagen in Italien, die zwischen September 1943 und Mai 1945 während der deutschen Besatzung in dem Land begangene Taten betrafen und auf Entschädigungsurteile gegen die Bundesrepublik abzielten. Im Kern ging es um die Frage, ob Privatpersonen Klagen vor den Gerichten eines Staats gegen einen anderen Staat erheben dürfen.
Der italienische Kassationsgerichtshof hatte in diesem Zusammenhang entschieden, dass Deutschland die Hinterbliebenen eines Massakers der Wehrmacht im toskanischen Civitella im Juni 1944 mit mehr als 200 getöteten Zivilisten entschädigen müsse. Deutschland argumentierte, dass diese und ähnliche Gerichtsentscheidungen gegen die Staatenimmunität verstoßen, die als ein Grundsatz des Völkerrechts gilt. Privatpersonen dürften demnach keine Klagen vor den Gerichten eines Staates gegen einen anderen Staat erheben.
Auch Griechenland war in den Prozess involviert, weil sich griechische Überlebende wegen Naziverbrechen an italienische Gerichte gewandt hatten. Die Angehörigen von Opfern eines SS-Massakers im Juni 1944 im zentralgriechischen Dorf Distomo bekamen von der italienischen Justiz das Recht zugesprochen, ihre Ansprüche in Italien vollstrecken zu lassen.
Leser*innenkommentare
Karl K
Gast
Nachklapp :
Umso mehr erbost es mich, wenn im anschließenden Kommentar die Aufforderung des IGH an die Bundesrepublik, Verhandlungen über Entschädigsleistungen aufzunehmen, keine Erwähnung findet. Denn jeder weiß, , daß so ein " obiter dictum"( eine Anmerkung außerhalb der tragenden Entscheidungsgründe) auch bei einem obersten Gericht eher ungewöhnlich ist.
Das heißt, gerade deswegen hätte es geradezu zwingend erwähnt werden müssen.
Letztlich drückt der IGH damit nämlich aus: wir wollen mehrheitlich das Immunitätsprinzip (jedenfalls jetzt noch)halten. Halten den derzeitigen Zustand aber für unerträglich. Um diesen Kompromiss im Senat zu erzielen, machen wir mit Autorität unseres Gerichts öffentlich, dass wir es für unabdingbar halten, dass die Bundesrepublik eine Verhandlungslösung herbeiführt.
Werde ich nun zudem aber von Freunden darauf aufmerksam gemacht, dass dieser Kommentar wortgleich dem DuMontBlatt Kölner Stadtanzeiger erfolgreich angedient wurde, so kriegt das alles ja doch mehr als ein Geschmäckle des
" unter den Teppich kehrens".
Ich habe schon mal meiner Verwunderung Ausdruck verliehen, dass der Herr Kommentator in einer Gazette pallel glaubt schreiben zu müssen, die mir in aller Deutlichkeit immer wieder zeigt, daß sie von mir nicht gelesen werden möchte.
Den Gefallen tu ich ihm.
Aber niemand ist gezwungen, bei Arisierern bzw deren Nachfolgern zu schreiben. Auch er sollten sich das Überlegen. Aber auf beiden Schultern tragen, ist noch niemanden auf Dauer bekommen.
van der keuken
Gast
@Martina Lippmann,
wenn Deutsche wie Sie so frech sprechen, mir wird es peinlich !!!!!Nichts von der Geschichte gelernt !!!!Kopf kaputt !!!!
van der keuken
Gast
@Martina Lippmann
Mir wird es peinlich wenn ich heute die Deutschen lese wie sich ueber ihre Vergangenheit aeussern. Wirklich peinlich.
Karl K
Gast
@von Thomas Trasolt:
Sorry, aber das Völkerrecht ist vertrackt, immer im Fluß.
Was dann im Einzefall von IGH & Co als rechtens aus der Taufe
gehoben wird, ist nur schwer vorherzusagen.
Die Immunität von Staaten steht seit längerem auf dem
Prüfstand. Will sagen, das letzte Wort ist dazu noch lângst nicht gesprochen.
Der RA Jo Lau hat's - auch für die griechischen Opfer - versucht.
Mal sehn, wie's weiter geht, die Hoffnung stirbt zu Letzt.
Eine ganz andere, aber damit zusammenhängende
Frage ist, ob es der Bundesrepublik nicht gut angestanden hätte, gerade wegen der Entwicklungstendenzen, ohne Anerkennung einer Rechtspflicht mit den
Opfern einen Ausgleich zu finden.
Diese bisher vertane Chance läßt sich immer noch positiv realisieren.
Eine derartige Lösung ist eigentlich von der Humanitas her
geboten.
Enzo Aduro
Gast
Das wäre auch nur zu lächerlich wenn die "Waffenpartner" Italien jetzt Entschädigung wollen. Möchte nicht wissen wie viel Entschädigung Italien im Balkan geleistet hat.
Italien sollte endlich zu seiner Geschichte stehen und aufhören sich einzureden primär Opfer zu sein. Dann hätten Sie vielleicht auch weniger Faschisten.
Ein ähnliches Problem haben die Österreicher.
Martina Lippmann
Gast
Was will man da heute noch einklagen?
Ist doch längst alles vorbei, und - Geschichte wiederholt sich nicht, oder?
van der keuken
Gast
Das Urteil aedert sich nichts an der Tatasache dass Deutschland Reperationen fuer die menschlichen Katastrophen in Europa, die hervorgerufen hat, zurueckbezahlen muss.
Der Internationle Gerichtshof entscheidet immer mit politischen Kriterien und diese Entscheidung zeigt noch einmal dass Deutschland politisch immer staerker in Europa wird, indem aber Europa in der Krise immer weiter vertieft.
Babi Jar ist überall
Gast
Die Bundesrepublik Deutschland ist offizieller Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches.
Wenn die BRD Entschädigungszahlungen an Nazi-Mordopfer mit Hinweis auf das Völkerrecht ablehnt, hätte sie gleichermassen den SS- und Wehrmachtsangehörigen für die sechsjährige Massakerzeit auch keinen Pfennig Rente zahlen dürfen, nachdem sie schon von der Justiz gedeckt und nicht strafverfolgt wurden.
Die Schande nimmt kein Ende. Giordano hat schon recht mit seiner Begriffsprägung der "zweiten Schuld" (für die allgemeine deutsche Nazitäter-Straflosigkeit).
Darauf folgt dann die dritte, vierte und X-te Schuld.
Kein Wunder, dass man in den europäischen Ländern seine Erfahrungen mit Deutschen immer noch vor dem Hintergrund der NS-Zeit reflektiert. Schon das unwürdige Gezerre um die Höhe der Zwangsarbeiterentschädigungen für die Überlebenden liess deutscherseits unter Graf Lambsdorff keine Versöhnungsabsichten aufkommen.
Die Bundesrepublik und ihre beamteten Merkel-Piefkes wären gut beraten, sich etwas Geeignetes einfallen zu lassen, um dem öffentlichen Gedenken an die NS-Massakrierten mehr Raum zu geben. Das öffentliche Interesse an diesem Teil der barbarischen deutschen Staatlichkeit wächst, der Innendruck und die Peinlichkeit, dass sich die feigen Nachkriegsdeutschen ihrer Verantwortung entziehen wollen, nehmen spürbar zu.
Der völkerrechtliche Freispruch durch den IGH ist kein Freibrief zum Nichtstun, eher eine indirekte Aufforderung zum Handeln.
Karl K
Gast
Jo - der Kampf geht weiter.
Thomas Trasolt
Gast
Völlig korrektes Urteil! Die Staatenimmunität ist nun mal ein Grundsatz im Völkerrecht für die es viele gute Gründe gibt. Das Gericht musste deshalb so und nicht anders entscheiden.