Obamas neuer Stabschef: Washington-Insider und Finanzjongleur

Wohl aus Frust über seine Erfolgslosigkeit in Haushaltsfragen hat Obamas Stabschef seinen Hut genommen. An seine Stelle rückt Ex-Hedgefondsmanager Jacob L. Lew.

Der neue an Obamas Seite, Jacob "Jack" L. Lew hat auch Wall-Street-Erfahrung. Bild: reuters

Das hatte sich US-Präsident Barack Obama sicher anders vorgestellt: Nach nur einem Jahr im Amt verlässt ihn sein Stabschef William M. Daley schon wieder, aus privaten Gründen, wie es heißt - wohl aber auch aus Frust über seine Erfolglosigkeit in Haushaltsfragen.

Sein Nachfolger wird Jacob L. Lew, der bisherige Haushaltschef Obamas. Anders als Daley und dessen Vorgänger Rahm Emmanuel stammt Lew nicht aus der Szene Chicagoer Obama-Vertrauter, aus der der Präsident zu Beginn seiner Amtszeit seine engsten Berater rekrutiert hatte.

Lew ist seit vielen Jahren ein Insider der Washingtoner Politik. Bevor er vor einem Jahr Haushaltschef wurde - ein Posten, den er in den 90er Jahren unter Bill Clinton innehatte und dort drei Jahre in Folge einen Haushaltsüberschuss verwalten durfte -, war er leitender Mitarbeiter in Hillary Clintons Außenministerium. Auch im Kongress hatte er schon einmal eine leitende Funktion inne, als er in den 80er Jahren dem damaligen Repräsentantenhaussprecher Thomas P. ONeill als Chefberater diente.

Kompromisse sind notwendig

Entsprechend weit geknüpft ist das Netz von Verbindungen und die Erfahrung, die Lew in sein neues Amt einbringt. Unklar scheint jedoch, was er damit macht. Lew ist eigentlich als jemand bekannt, der schon früh auf die Notwendigkeit von Kompromissen mit den Republikanern hinwies, um zu verhindern, dass es im Zuge von Haushaltskürzungen zu Streichungen bei von den Demokraten hochgehaltenen Sozialprogrammen kommt. Andererseits sehen politische Analysten heute in seiner Berufung im Wahljahr Anzeichen für eine veränderte, konfrontativere Strategie Präsident Obamas gegen die Republikaner.

In Kreisen der US-Linken und der Occupy-Bewegung löst die Berufung wenig Begeisterung aus, hat Lew doch den größten Teil seines Millionenvermögens in leitender Position bei der Citigroup als Hedgefondsmanager verdient, inklusive 900.000 US-Dollar Bonuszahlungen 2008/2009. Da steht er seinem Vorgänger wenig nach: Daley war vor seiner Zeit in Washington bei J.P.Morgan ebenfalls in Finanzgeschäften unterwegs. Nur hatte er nicht die Washington-Erfahrung, die Lew in über drei Jahrzehnten gesammelt hat.

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